Zwei Meldungen haben in den letzten beiden Tagen zumindest mal wieder für ein kleines bißchen Erheiterung bei mir gesorgt. Zum einen wäre da die Forderung eines Gerichtes in Florida, unseren allseits bewunderten Lieblings-Rechtsverdreher Jack Thompson doch nicht nur bitte mal einem psychologischen Test zu unterwerfen, sondern ihm dazu auch noch gleich für 91 Tage die Anwaltslizenz zu entziehen. Thompson, nicht ganz so blöd wie man vielleicht meinen könnte, hat es sich dabei natürlich nicht nehmen lassen die ganze Sache gleich höchstpersönlich publik zu machen, indem er sich einfach per Mail an die Site gamepolitics.com gewandt hat. Wie es zu der Forderung der Richter kommen konnte, ist schnell erzählt: Thompson, notorischer Verfechter von Sitte und Ordnung, war so frei, sich in seinem Kampf gegen die böse Videospielindustrie direkt im gleichen Abwasch noch mit den für seine Klagen zuständigen Richtern anzulegen. Beispielsweise indem er sie ebenfalls verklagt, da er sich durch sie schikaniert fühlt. Damit nicht genug, läßt so ein Richter nunmal ungern während einer Verhandlung – von wem auch immer – seine Integrität anzweifeln, sich einschüchtern oder beleidigen, wie Thompson es im Vorfeld immer wieder während einer Verhandlung versucht hatte. Also hat der zuständige Richter einfach Beschwerde gegen ihn eingereicht. Die darauf folgenden Schlichtungsgespräche haben aber wohl nicht ganz zu dem erwünschten Ergebnis geführt… zumindest nicht für unseren Lieblings-Wahnsinnigen:
“Mediation failed today because there was no mediation whatsoever… [Florida Bar official] Ms. Tuma not only did not move off her [suspension] demand one iota, not one smidgeon, but she instead upped her demand by requiring that Thompson undergo a battery of psychological tests as part of the fabulous deal The Bar offered him… Ms. Tuma [sic] last demand going into the mediation was a 91-day suspension, and she opened and ended with that and a shrink’s couch. This is bad faith… This “mediation” was a charade… Finally, [Thompson] requests a status conference herein as soon as possible so that we can… shut this Star Chamber down. Thompson is not the one who needs a psych evaluation.”
…wird Thompson bei GamePolitics zitiert. Wir halten also fest: Nicht der Spielekritiker benötigt das psychologische Gutachten, sondern all die, die sich nicht so gerne von ihm ans Bein pissen lassen.
À propos ans Bein pissen: das soll ja hin und wieder auch eine beliebte Beschäftigung im Hause Dr. Uwe Boll sein. Bevorzugt legt dieser sich mit seinen Kritikern an, wenn er mal wieder Schelte für einen seiner grottigen Filme zu allseits beliebten Spielen bekommen hat. Zumindest nimmt uns Uwe es mit Humor und haut als Retourkutsche jedem, der sich traut, dafür gerne schonmal im Boxring eine aufs Maul. Trotz all der Kritik ist der gute Mann übrigens weiterhin der festen Überzeugung, erstklassiges Hollywood-Kino zu produzieren. Sein demnächst erscheinender Film muss jedenfalls diesmal wirklich mindestens einer der besten Filme aller Zeiten geworden sein. Anders kann es doch nicht zu erklären sein, dass die Verfilmung des Splatter-Spiels Postal in Cannes Standing Ovations bekommen hat. Und das, wo doch “Kein anderer Film […] jemals Applaus bekommen [hat], weil es ja nur Filmeinkäufer im Screening sind. Es ist einer der besten Filme aller Zeiten!”. Überhaupt präsentiert Boll in dem gerade zitierten Interview mit AreaGames sich mal wieder von seiner selbstbewusstesten Seite:
“Es gibt keine Möglichkeit POSTAL zu ignorieren — Es ist der witzigste und wichtigste Film der letzten 10 Jahre!”
Zumindest dürfte es einer der geschmacklosesten Filme überhaupt werden, womit er sich dann zur Ausnahme zumindest wohl tatsächlich mal an die spielerische Vorlage hält. Und wenn ich mir die Trailer (1, 2) mal so anschaue, könnte Postal – The Movie mich dieses Mal vielleicht wirklich ins Kino locken. Einfach, weil ich geschmacklosen, anarchischen Humor mit viel Blut und Sauereien ja irgendwie reizend finde. Von wegen gegen das Spießertum und so *g*. Und auch hier ist Boll sich nicht zu schade, sich selbst gleich mit auf die Schippe zu nehmen.
Allein, ein klein wenig mehr Fingerspitzengefühl in Bezug auf die Hinterbliebenen von 9/11, das hätte ich ihm dann doch gewünscht:
“AreaGames: Fast 3000 Tote, die ganze Welt im Schockzustand und tiefe Wunden in den Herzen vieler Menschen. Gehen Sie in Postal respektvoll mit dem 11.09.2001, seinen Opfern und deren Hinterbliebenen um?
Uwe Boll: Warum, die meisten sind doch tot?”
Ja super, Bolli. Und nächste Woche nehmen wir uns dann mal die Juden vor, hm?
Ich habe ja bisher wirklich nur Verrisse zu dem Film gelesen.
Groß einmischen kann ich mich aber nicht in Boll-Diskussionen, da ich noch nie einen seiner Filme sah; obwohl mir die angeblich herrlich peinlichen Audiokommentare schon oft ans Herz gelegt wurden.
Aber ganz ehrlich: Wenn ich dieses 9/11-Zitat höre habe ich von Herrn Boll echt schon genug. View all comments by Knurrunkulus
Bei dem Zitat bin ich dann auch erstmal hinten rübergefallen.
Was sein Filmopus angeht, hab ich mir bisher auch nur Alone in the Dark angetan. Wirklich schlecht. Aber sowas von.
Ich wundere mich nur immer wieder, wie er überhaupt jedesmal das Budget für seine Machwerke zusammenkriegt. Hierzulande betteln sich junge Filmtalente jahrelang jeden Cent zusammen und nerven in den Openern von Indie-Filmen jedesmal 25 Filmförderungs-Stiftungs-Logos und Herr Boll produziert mit Millionen-Budgets und nichtmal unbekannten Filmgrößen. Man wundert sich. View all comments by Christian