Der große Games Convention 2007 Rundumschlag, Pt. 1

Der zweite Tag der Games Convention läuft bereits lange auf Hochtouren. Zeit also, sich einmal kurz zurückzulehnen und Revue passieren zu lassen, was bislang so an aufregenden Meldungen eingetrudelt ist und was da vielleicht noch so kommen mag. Fangen wir einfach mal mit dem unerfreulichsten Thema an, damit wir das schön schnell abgehakt haben und uns erfreulicheren Dingen widmen können. Pünktlich zur GC 2007 hat man sich beim Gamer’s Lieblings-Fernsehsender, dem ZDF, wohl gedacht, dass das doch bestimmt der richtige Zeitpunkt wäre, mal wieder so richtig Front gegen Computer- und Videospiele zu machen. Klar, leuchtet auch ein: Da verbreitet man schnell im Vorfeld der Messe noch ein paar Horrormeldungen, damit die typische ZDF-Klientel das komplette restliche Wochenende denken kann, da in Leipzig turnten gerade nur Massenmörder und total Verrückte rum, wann immer sie einen Bericht zur weltgrößten Spielemesse sieht. ‘Bombe druff und das ganze Pack ausräuchern’, wird sich Opa Heinz da wahrscheinlich nur noch denken. Die Botschaft des Beitrags lautet nämlich ungefähr so: Studien, die positive Effekte und Wirkungen von Computerspielen nachweisen, sind allesamt von der Industrie gekauft und deshalb unglaubwürdig.

Als Gegenargument zu solchen Studien darf wieder einmal Prof. Dr. Christian Pfeiffer zu Wort kommen, der die Gelegenheit natürlich nicht ungenutzt läßt, um prompt Spielen wieder nur die allerschlimmsten Effekte zuzuschreiben. Wer regelmäßig virtuell töte, so sein Argument, werde nämlich irgendwann tatsächlich ein rücksichtslos brutaler Randalierer: “[…] je isolierter Jugendliche sind und je tiefer sie in die Welt des Tötens eintauchen […], es umso wahrscheinlicher wird, dass sie das, was sie aktiv am Computer tun, auch umsetzen, randalieren und gewalttätig werden“. Den kompletten Wortlaut gibt es im Videomitschnitt bei Youtube. Die größte Jugendgefährdung geht dabei übrigens von dem Beitrag selbst aus, zeigt dieser nämlich Szenen aus in Deutschland nicht erhältlichen Versionen und ab 18-Titeln, die hierzulande nicht vor 23h über den Bildschirm flackern dürfen. Das, meine lieben Herrschaften vom ZDF, ist Missachtung des Jugendschutzesetzes und damit Jugendgefährdung und hat mit Aufklärungsarbeit nicht im Geringsten zu tun!

Möchte noch irgendwer raten, wer den Mist mal wieder verzapft hat? Richtig, der Herr Fromm. Noch irgendwelche Fragen? Mir jedenfalls ist es mittlerweile einfach zu müßig, jedesmal seine Beiträge auseinander zu nehmen und auf die tatsächlichen Gegebenheiten des deutschen Jugendschutzes hinweisen zu müssen. Das habe ich bereits zur Genüge an anderer Stelle getan. Zum Beispiel hier oder hier. Zum Schluss sei nur nochmal die Anmerkung erlaubt, dass jeder, der Computerspielen skeptisch gegenüber steht, an diesem Wochenende in Leipzig ausführlichst die Möglichkeit hat, sich mal genauer mit dem Thema auseinander zu setzen. Für Eltern und Erziehungsberechtigte gibt es ja sogar jedes Jahr eine eigene Messehalle, die GC Family, quasi einer eigenen Schwestermesse nur für Euch! Da werden neben den großen Ausstellern USK und BPjM mit Sicherheit auch einige kompetente Teilnehmer des Netzwerkes Spielraum zu finden sein, die gerne jedem Elternteil beratend zur Seite stehen.

So, genug aufgeregt, widmen wir uns lieber endlich den interessantesten Meldungen der bisherigen Games Convention.

Den Auftakt wagen wir mit Sony, die angekündigt habe, ihre Playstation 3 zum universellen Mediacenter und TV-Receiver ausbauen zu wollen. Damit nicht genug, soll die Playstation Portable direkt noch mit in das Gesamtkonzept integriert werden. Und das geht so: Ab dem Frühjahr 2008 wird dem geneigten Kunden eine Settop-Box namens PlayTV zur Verfügung stehen, welche die PS3 zu digitalem TV-Tuner und Festplattenrekorder in Personalunion ausbaut. Enthalten sein wird zudem eine kleine Sendeeinheit, die empfangene TV-Inhalte direkt per Wlan als Videostream an die PSP weiterreichen können soll. Alternativ sollen die Inhalte via USB direkt im PSP-Format auf Sonys kleinen – und bekanntermaßen runderneuerten – Handheld transferiert werden können. Für die mobile Spielkonsole soll es zudem bald ein GPS-Modul und einen eigenen Videodownloadservice geben. Hoffentlich wird der besser gepflegt als das Demoportal des kleinen Spielekastens.

Eigentlich schon nichtmehr groß der Rede wert, aber trotzdem kurz erwähnt sei die wiederholte Drohung der Spieleschmiede CryTek, bei anhaltenden Verbotsforderungen gegen Egoshooter gerne alle sieben Sachen zu packen und Deutschland den Rücken zu kehren. Nichts neues soweit und nur deshalb interessant, weil unterm Strich die Frage bliebe, wie Deutschland in Zukunft wohl dastünde, wenn ausgerechnet der größte und international einzig erfolgreiche Entwickler künftig im Ausland produzierte. Macht uns das tatsächlich wieder zum Entwicklungsland? Wobei man sich da fragen muss: haben wir uns eigentlich jemals über diesen Status hinweggehoben? Komponist Chris Hülsbeck hat erst kürzlich in einem Interview betont, dass er nur deshalb 1998 in die USA ausgewandert sei, weil er hierzulande keine Perspektiven im Spielesektor mehr für sich gesehen hat. Viel geändert zu haben scheint sich seitdem nicht, sonst wäre er vielleicht wieder hier. Was nach dem Wegzug von CryTek also bliebe, wäre die xte Neuauflage der Anno-Tobak-Siedler, neue verbuggte Rollenspielabenteuer eines um Ausflüchte niemals verlegenen Entwicklers, und am Markt völlig untergehende Versuche, dem Echtzeitgenre mit Dinosauriern neue Impulse zu geben. Danke, ich verzichte.

Wo wir grad so schön bei bei CryTek sind: Im Grunde hatte ich mich an deren aktuellem Titel Crysis ja auch schon komplett satt gesehen und war kurz davor, dass das komplette Spiel mir komplett am Allerwertesten vorbei geht. Der erste Countdown to Crysis-Trailer hat mir dann aber doch wieder Lust auf mehr gemacht.

Auf einem Trailer kann man nicht stehen? Richtig! Deshalb gibts direkt den nächsten um die Ohren: Ein wirklich lustiges kleines Filmchen der Spieleschmiede Valve, dass uns auf das kommende Day of Defeat-Remake einstimmen und uns die Klasse des Soldiers ein wenig näher bringen soll. Sieht langsam wirklich so aus, als wäre das ein absoluter Pflichttitel für alle Multiplayer-Verrückten. Ich werds mir auf jeden Fall zulegen.

Auch sehr interessant für den erwachsenen Gamer könnte Sierra’s Actiongame Prototype werden. Das zugehörige Teaser-Video sieht jedenfalls verdammt vielversprechend aus. Ich mag solch düstere Stimmung, nicht nur in Spielen. Sierra scheint sich nach dem großartigen F.E.A.R. in letzter Zeit verstärkt auf diese Sparte zu verlegen. Gefällt mir.

Ansonsten gab es noch die frohe Kunde, dass in Speedball 2 endlich ein funktionierendes Pass-System Einzug halten soll, mittels dessen man sich zwischen verschiedenen Anspielstationen entscheiden kann. Juhuu, neben wüsten Raufereien gibts dann demnächst vielleicht auch noch ne gehörige Portion taktischen Tiefgang. Ich freu mich wie ein kleiner Schneekönig.

Wirklich großartige Neuankündigungen im Soft- wie Hardwarebereich blieben bislang eigentlich völlig aus. Zu sehen waren bislang offenbar nur Titel, die bereits auf der letzten E3 Media Summit mehr oder weniger ein alter Hut waren. Bleibt abzuwarten, ob da noch großes auf uns zukommt, oder ob Publisher sich darauf verlegen, die großen Messen weitestgehend nur noch zu Präsentations- und Versuchszwecken direkt am Endverbraucher zu nutzen. Das würde jedoch – meiner Meinung nach- der mittlerweile weltgrößten Fachmesse für Computerspiele irgendwie einen ganz gehörigen Zacken aus der Krone brechen und ihren Glanz ein wenig schmälern. Wo läge der Sinn, wenn es eh nichts neues mehr zu entdecken gäbe, weil bereits alles Pulver im Vorfeld dem schnellebigen Medienzirkus zur Bespaßung vorgeworfen worden wäre. Naja, warten wirs einfach ab. Geht ja gerade erst richtig los. Und wenn die Games Convention letztlich nur dafür gut wäre, Spielen und Spielern in Deutschland ein Gesicht zu geben und sie endlich massenmarkttauglicher zu machen… sie hätte ihr Soll voll und ganz erfüllt.