Todsicherer Job als schweinsgaloppierender Sternwanderer

schweinsgalopp.jpg

Vorgestern, beim allsamstäglichen Einkauf, hab ich mich zwischendurch zur Abwechslung mal wieder in einen Buchladen begeben. Nicht, dass ich da in letzter Zeit nicht sowieso gerne wieder häufiger anzutreffen wäre (Bahnfahren sei dank)… es war vielmehr eine Abwechslung zum Einkaufs-Einerlei. Eigentlich hatte ich dabei nach dem dritten Band des Otherland-Zyklus’ von Tad Williams fahnden wollen, gekauft hab ich am Ende dann aber doch ein weiteres Buch des großartigen Christopher Moore. Beim Stöbern im Regal ist mir irgendwann ein großer Bildband in die Hände gefallen. Leider noch eingeschweißt, weshalb ich nicht sonderlich viel davon zu sehen bekommen habe, aber allein die Existenz des Bandes machte mich schon stutzig. Dabei handelte es sich nämlich um nichts anderes als ein Begleitbuch zur (Real-)Verfilmung des Scheibenwelt-Romanes “Schweinsgalopp” von Humor-Großmeister Terry Pratchett. Urgs. Allein das Cover von Gevatter Tod im Weihnachtsmann-Outfit ließ mich irgendwie erschaudern. Nein, nicht vor Furcht. Aber irgendwie sah es so… hmm, billig aus. Die drei Fotos auf der Rückseite versprachen auch nicht viel mehr. Und deshalb hatte ich mich an dieser Stelle nun eigentlich darüber aufregen wollen, ob man denn wirklich neuerdings auf Teufel komm raus alles verfilmen müsse, was irgendwie als unverfilmbar gilt, oder ob man nicht wenigstens den ein oder anderen Autoren unangetastet lassen könne. Zumal mir das als simple Ausschlachtung des Pratchett’schen Materials zur Weihnachtszeit aussah.

Allein schon die Tatsache, ausgerechnet einen Scheibenweltroman der späten Jahre als erstes zu verfilmen, sollte ja eigentlich jeden Kenner der Werke laut “Frevel!” rufen lassen. Weihnachtsthematik hin oder her, Pratchetts Bücher rund um die flache Welt, getragen von vier Elefanten auf einer riesigen, durchs Weltall wandernden Schildkröte namens Groß A’tuin, sind mittlerweile so dermaßen voll von winzig kleinen Anspielungen, Augenzwinkerern und Hinweisen auf die große Reihe von Geschichten von der Scheibenwelt, dass man eigentlich nicht umhin kommt, sie alle der Reihe nach zu erzählen. Oder zumindest in einem ersten Film alle Grundlagen einmal umfassend dazulegen, will man nicht auf einen Großteil des aus der Geschichte der Welt beruhenden Humors verlieren. Insofern konnte die Entdeckung, dass es eine Verfilmung des “Weihnachtsbuches” Schweinsgalopp gibt, auf mich nur nach billigem Ausverkauf riechen. Nach dem Versuch, zur Weihnachtszeit Profit aus dem Werk Pratchetts zu schlagen und Schweinsgalopp als Testballon an der Kinokasse zu verheizen.

Als ich aber grad mal danach gegoogelt habe, ist mir aber leider aufgefallen, dass “Hogfather“, wie es im Original heißt, gar kein Kinofilm ist. Sondern vielmehr ein im Original bereits im letzten Jahr gelaufener Fernsehfilm des britischen Senders Sky One. Der noch dazu wohl mit Preisen überhäuft wurde. Was soll ich nun davon halten? Zu allem Überfluss gibt es die DVD nun bald auch hierzulande zu kaufen (Amazon listet sie schon) – und nun hadere ich mit mir, bin schon kurz davor, sie mir zuzulegen. Denn natürlich bin ich Pratchett-Fan und natürlich wüßte ich schon gerne, wie der Stoff wohl umgesetzt wurde. Andererseits habe ich nach wie vor Angst, dass ein Großteil des Pratchett-typischen Humors einfach sang und klanglos untergeht und im Film überhaupt nicht adäquat umgesetzt werden konnte.

Wobei: die Umsetzung des ebenfalls sehr subtilen und feinen Humors eines Neil Gaiman, der selbst bereits ein Buch in Zusammenarbeit mit Pratchett geschrieben hat, funktioniert bei der Verfilmung des Sternwanderers ja im Grunde genommen auch ganz hervorragend. Nur leider wird der Film selbst im Kino völig verheizt. Warum läßt man sowas ausgerechnet schon Anfang November anlaufen, wenn sich der Stoff und seine exzellente Umsetzung doch geradezu als nächster großer Weihnachtsfilm in der Post-Herr-der-Ringe-Ära anbietet? Der Sternwanderer bietet alles, was einen richtig guten Film für kalte Winterabende ausmacht. Eine packende und vor fantastischen Einfällen überbordende Geschicht, jede Menge feinfühlig inszenierten Witz in Wort und Bild und wirklich großartige Schauspieler. Allen voran Robert De Niro als rauhbeiniger Luftpirat mir schwuchteligem Kern. Absolut umwerfend! Einzig Claire Danes als gefallener Stern schafft es nicht, viel mehr zu spielen als… Claire Danes.

Nun frage ich mich also, ob Schweinsgalopp mich eventuell doch genauso begeistern könnte wie der Sternwanderer, ob ich mir die DVD also einfach mal zulegen sollte. Oder ob ich die Penunzen lieber in einige andere Weihnachtsklassiker investieren sollte, wie beispielsweise der Muppets-Weihnachtsgeschichte. Denn – jawoll! – es gibt einfach nichts schöneres, als die Feiertage mit einem Stapel schöner Filmklassiker passend zur Jahreszeit zu verbringen. Da werde dann sogar ich weich.

Herrje, ich glaube, ich klicke jetzt einfach mal auf den Bestell-Button.

Was man übrigens gerne mal auf der Stelle verfilmen dürfte: Einen beliebigen Roman meines neuen Lieblings-Autoren (neben Pratchett und Matt Ruff) Christopher Moore. Dessen Bücher quellen zwar auch geradezu über vor abstrusen Ideen und jeder Menge irrem Humor. Allerdings ist dieser zur Abwechslung tatsächlich absolut und unumstößlich filmkompatibel. Lesen sich Geschichten wie die von Charlie Asher in “Ein todsicherer Job” doch wie ein haarklein niedergeschriebenes Slapstick-Stück, dass selbst Meisterwerke von Jerry Lewis oder das Glanzstück Noises Off! beinahe alt aussehen lassen.

6 Comment

  1. Also, Otherland ist für mich eines der besten Bücher der letzten Jahre. Du scheinst ja grad bei Band 2 zu sein, der ist leider der schwächste der vier Bände. Da zieht es der Autor etwas in die Länge. Ansonsten fand ich das unfassbar spannend, weil das ganz doch vorstellbar ist. Also in einer nicht ganz so fernen Zukunft spielt. Die Art, das in einzelnen Blöcken zu erlesen (Paul Jonas, Xabbu & Renie, etc) finde ich vom Style her gigantisch. Weil er das am Ende echt gut zusammenführt. Eine Freundin von mir las es parallel und wir haben beim jpggen dann immer wild diskutiert, wies weitergeht, was wir glauben was real ist, etc (alle anderen hielten uns natürlich für bekloppt). Aber die Idee, MMOs wie die beiden Kids Sam & Orlando zu soielen, also mittendrin zu sein: Hammer-Vorstellung, finde ich. Liess weiter! 😉
    Die Scheibenwelt-Sachen sind dagegennicht so mein Ding. Das ist mir so abgedreht, zu übetrtrieben witzig. Das finde ich auf Dauer eher anstrengend. Da finde ich, spielt Walter Moers (Rumo, Die Stadt der träumenden Bücher) weitaus besser mit Fantasy-Klischees.
    Was ich unbedingt empfehlen kann: His Dark Materials von Philipp Pullman. Übrigens vielleicht der GRund dafür, warum der Sternwanderer schon im November kam: Die Verfilmung davon kommt im Dezember in die Kinos… Pullman schafft es, eine ganz eigenen Welt zu entwerfen, mixt geschickt Fantasy & Science Fiction und kommt fast ohne die üblichen Elfen, Trolle und sonstigen Fantasy-Darsteller aus. Lesen! View all comments by Valentina

  2. OK, das steht ab sofort mit oben auf der Einkaufs-Liste. Danke für den Tipp!
    Von Walter Moers wollte ich mir auch endlich mal was zulegen. Hatte seine Bücher zwar schon öfter in der Hand, hab sie dann aber bislang immer wieder zur Seite gelegt und was anderes gekauft.
    Das Problem bei Terry Pratchett ist, glaube ich, für viele, die vielleicht vor Jahren mal was von ihm gelesen haben oder jetzt erst mit den ersten Scheibenwelt-Büchern anfangen, dass er ihnen zu albern, zu überdreht witzig daherkommt. Man mekrt aber mittlerweile sehr stark, wie sehr Pratchett mit seinen Büchern gewachsen ist. Die Romane sind alles in allem sehr viel erwachsener geworden in den letzten Jahren. Beinahe schon düster, in jedem Fall aber um vieles reifer, als noch in den Anfangstagen der Scheibenwelt. Witze kommen nicht mehr mit dem Holzhammer um die Ecke, die berühmten Fußnoten sind weitestgehend weggefegt und der Humor erscheint nun sehr viel feiner. Pratchett ergeht sich mittlerweile mehr in Andeutungen, kleinen satirischen Anekdoten, was auch den Geschichten mehr Raum gibt. Der Nachteil ist halt nur, dass diese Anekdoten für Nicht-Kenner des Gesamtwerkes nicht mehr nachvollziehbar sind. Wer sich auf gut Glück “Schöne Scheine” als sein erstes Pratchett-Buch kauft, wird definitiv keine Freude an dem Buch haben. Erstens, weil er das Universum nicht verstehen wird, zweitens, weil der Autor irgendwann dazu übergegangen ist, seine Bücher mehr oder weniger direkt aufeinander aufbauen zu lassen. Allerdings in verschiedenen Staffeln. Die Stadtwachen-, Hexen- und Märchen-Bände erscheinen ja untereinander bunt gemixt. Der Vorgänger von “Schöne Scheine” liegt nun schon so lange zurück, dass nichtmal ich mir noch auf alles einen Reim machen konnte, weil dazwischen zu viele andere Bände erschienen sind. Eine Zusammenfassung der gröbsten bisherigen Ereignisse gibt es aber nicht.
    Der zweite BAnd von Otherland war im Grunde nicht schlecht, aber irgendwie hatte ich auch immer das Gefühl, dass er eher ein Lückenfüller ist, bis Williams sich sicher ist, wie es mit der eigentlichen Geschichte weitergehen soll. Das Rumgereise zwischen den einzelnen Welten wurde mir irgendwann einfach zu viel. Vor allem im Paul-Jonas-Handlungsstrang. Ich bin aber sehr gespannt, wie es weitergeht. Ich bin jedenfalls auch sehr gefesselt von der Story und den vielen großen und kleinen Ideen dahinter. Gerade dieses ganze MMO.-Konstrukt fand ich auch sehr schön erdacht. So stellt man sich doch jetzt automatisch die potenziellen Nachfolger von WoW und Co vor, wenn man Otherland kennt. Den dritten Band hab ich mir grad endlich mal geordert, nachdem ich ihn bei keinem Bahnhofsbuchhändler hier gefunden hab. View all comments by Christian

  3. Hogfather kam auf Pro7 über Weihnachten… und was soll ich sagen, ich fand’s cool, und habe mich ja ein bisschen in Susan verliebt (die Enkelin des Todes). SO SOLL MEIN WEIB AUSSEHEN XD

    Werde mir die DVD definitiv zulegen, schon allein wegen der englischen Tonspur!

    Merry Hogswatch to you all! View all comments by Aulbath

  4. Ja, in dem Moment, da ich das Pro7-Logo auf der Verpackung gesehen hab, hab ich mich geärgert, dass ich mir die DVD geholt hab.
    War aber alles andere als begeistert von dem Film. Für sich genommen ein sehr netter Fantasy-Streifen mit wirklich schönen Effekten – gerade wenn man bedenkt, dass es eine TV-Produktion war. Aber an den Pratchett-Büchern gemessen leider eine ziemliche Gurke. Von dem famosen Humor ist nicht das Geringste übrig geblieben. Fairerweise muss man aber sagen, dass Hogfather auch als Buch ein ziemlicher übler Ausreißer nach unten war. Trotzdem schade. View all comments by Christian

  5. Ich mochte den seeeehr subtilen Humor, und es hieß ja schaurige Weihnachten nicht durchgeknallt-witzige Weihnachten…
    Und viel von dem was im Film gesagt wird finde ich eigentlich wichtig und gut, gerade in Anbetracht des Weihnachtswahnsinns.

    Keine Ahnung warum, aber mir hat der Film bzw. die beiden Teile sehr gut gefallen (trotz doller Übersetzung… ich meine Hogswatch = Sylvester!?)… und ich werde Pratchet nochmal ‘ne Chance geben. Habe mal irgendein Buch vonner Freundin bekommen die ihn liebt, aber damals nicht durchgesehen (erinnere mich an Ankh-Morpork (obwohl ich die Stadt durch “Discworld” schon kannte und Morphoplastock oder so… das war damals etwas überfordernd). Und der TOD trat auch früh auf, und hat immer IN GROSSBUCHSTABEN GESPROCHEN… das habe ich aber nicht kapiert XD

    Empfehl mir mal ein paar Bücher von Pratchet, oder sollte man direkt von vorne anfangen? Hast du die englischen Ausgaben gelesen, und kannst was zur Übersetzung sagen? View all comments by Aulbath

  6. Bin mir gar nicht mehr sicher, wie es im Buch übersetzt war, aber “Silvester” für “Hogswatch” war wirklich etwas dämlich.
    Habe alle seine Bücher bislang nur auf Deutsch gelesen. Wenn man die Originale gar nicht erst kennt, sind die Übersetzungen sehr gut gelungen. Hab mit den deutschen Bänden angefangen und wollte dann irgendwann auch gar nicht mehr wechseln, weil leider die allermeisten Namen in der Übersetzung eingedeutscht wurden und komplett anders klingen als im Original. Mir war es bislang immer zu anstrengend, mich da noch komplett umzugewöhnen.
    Tod tritt mittlerweile leider nur noch sehr selten in ganz kurzen Sequenzen auf, spricht aber immer noch in Großbuchstaben. Ist wohl ein Zeichen für seine Allmacht und dass er eben nicht normal über das Gehör wahrgenommen wird, sondern die Worte direkt in den Kopf der Hörer sickern. Oder so.

    Generell empfiehlt es sich auf jeden Fall, komplett von vorne anzufangen, um auch alle Seitenhiebe in aktuellen Büchern zu verstehen. Die neueren Werke sind aber deutlich reifer als die früheren SCheibenwelt-Romane, lesen sich komplett anders. Wer also die ersten 20 Bände nicht mochte, sollte vielleicht erst bei den Sachen ab “Der 5te Elefant” oder so anfangen.
    Sehr zu empfehlenfür den EInstieg sind auch die “Märchen von der Scheibenwelt”, da braucht es kein großes Vorwissen für. Ich empfehle “Kleine freie Männer” für den Anfang. View all comments by Christian

Comments are closed.