Verspielte Kunst

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Der Streit um die Frage, ob Videospiele Kunst sind oder nicht, schwelt ja nun schon etwas länger. Antworten auf die Fragestellung an sich gibt es dabei ja zur Genüge, bloß mag man sich leider auf keine einigen. Dabei würde die endgültige Klärung des Kunstbegriffs in der Anwendung auf Spiele vor allem für die Spielenden selbst mit Sicherheit einiges an Erleichterung bedeuten. Würde es für uns dadurch leichter, unser Hobby gegenüber des skeptischen Mobs zu verteidigen. Doch selbst im staatlichen Jugendschutz mag man sich dieses nach wie vor heiklen Themas lieber nicht annehmen, verlässt sich daher viel lieber auf einen selbst nicht unumstrittenen und mittlerweile gute 17 Jahre alten Spruch des Bundesverfassungsgerichtes, der mit Computerspielen nicht im Geringsten zu tun hat, wohl aber versucht, den Kunstbegriff als solchen verbindlich zu definieren. So urteilten die Richter seinerzeit im so genannten Mutzenbacher-Prozess, Kunst sei das „Ergebnis freier schöpferischer Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Phantasien des Künstlers zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden. Dies ist unmittelbarer Ausdruck des Persönlichkeit des Künstlers“. Was an sich doch sehr schön klingt und auf Gemälde und Bücher noch wunderbar einfach anwendbar erscheint, präsentiert sich bei Games hingegen als gänzlich anders gearteter Fall. Ausdruck der Persönlichkeit eines Künstler? Wie soll diese Definition Anwendung finden, wenn an einem Titel bis zu 120, vielleicht sogar 200 Personen gleichzeitig arbeiten?

Wessen Persönlichkeit setzt sich denn da im hektischen Produktions-Alltag irgendwo zwischen kreativer Schöpfungsphase und Anpassung an die Anforderungen moderner Marketing-Kanäle durch? Wieviel Ausdruck freier schöpferischer Gestaltung findet sich letztlich im Endprodukt – und wessen Seele ist es, die sich in Form flimmernder, interaktiver Bilder auf dem Bildschirm widerspiegelt? Ja überhaupt: Handelt es sich bei Spielen nicht nach wie vor um ein interaktives Medium, bei dem erst durch die Aktionen des Kunden der Schaffensprozess seinen Abschluss findet? Wohlgemerkt: Durch Eingreifen einer Person, die am eigentlichen schöpferischen Prozess überhaupt nicht beteiligt ist, auf die sich aber, der modernen Marktwirtschaft sei dank, bereits bei der Konzeptionierung eines Spieletitels ein Großteil der planerischen Energien fokussieren. Liegt die Kunst am Ende darin, eben genau das Spiel auf den Markt zu bringen, das zu seiner Zeit und unter den vorherrschenden Bedingungen und Voraussetzungen den größtmöglichen Kreis an potentiellen Inter-Akteuren um sich schart? Kunst nach Interesse des Marktes, konzipiert anhand tiefgreifender Marktforschung und angepasst an die Marketingvorgaben eines Konzerns. Kein wirklich neues Prinzip, wenn man es einmal genau betrachtet. Michelangelos in höchstem Maße künstlerische Ausgestaltung der Sixtinischen Kapelle war unterm Strich ebenfalls nichts anderes als eine Auftragsarbeit. Kunst gegen Cash. Warum sollte das bei Videospielen anders sein?

Allerdings kommt man dadurch der eigentlichen Frage, nämlich der, ob Spiele tatsächlich Kunst sind, kein Stückchen näher. Eine Klärung des Sachverhaltes wird es auch an dieser Stelle vorerst nicht geben.

Doch ganz gleich, ob Spiele nun irgendwann doch noch ganz offiziell unter den Kunstbegriff fallen oder nicht – fest steht, dass sie zumindest einer großen Schar von Personen, die sich der anerkannten Kunstgattungen Zeichnerei und Malerei bedienen, als mittlerweile großer Quell inspirativen Einflusses dienen. Sei es in Form ‘einfacher’ T-Shirt-Prints, oder als große Szene in Öl. Spiele inspirieren, beherbergen eine Menge von tragischen Konflikten, prägnanten Charakteren und großen Emotionen, lassen aber gleichzeitig soviel Spielraum für eigene Phantasien und Interpretationen wie kaum ein anderes Medium. Einerseits ob gewollt, oder schlicht und ergreifend aufgrund oftmals einfach kaum vorhandenem wirklichen Storytellings. Leider gibt es die Endergebnisse dieses künstlerischen Schaffens bislang nach wie vor nur sehr selten zu sehen. Deshalb nun meine Bitte: Tragt doch einfach mal all die großartigen Exponate, die Ihr so im Netz findet zusammen, postet und verlinkt sie hier, kommentiert sie und lasst sie hochleben. Bilder wie dieses hier von Super Mario, oder das ganz oben.Im günstigsten Fall mit Link auf die Seite des Urhebers oder zumindest mit Namen des Künstlers. Auf das so etwas wie eine eigene kleine Kunstaustellung draus wird.

12 Comment

  1. Also ich spiele gerade mit Begeisterung “Elite Beat Agents” auf DS. Und wenn das keine Kunst ist, dann gute Nacht. View all comments by Knurrunkulus

  2. Die Sache mit den vielen Mitarbeitern, die Du erwähnst, ist kein wirkliches Argument gegen persönlichen künstlerischen Ausdruck. An Filmen wirken meistens noch wesentlich mehr Leute mit, was nichts daran ändert, das Regisseur, Drehbuchautor und, bis zu einem gewissen Grad, Schauspieler dem Werk ihren eigenen Stempel aufdrücken. Das fertige Werk wird trotz der Beteiligung vieler nur von wenigen bestimmt. Ebenso ist es bei Spielen. Na ja, den meisten Spielen. Für FIFA oder ähnliche Spiele gilt sowas eher nicht, weil sich das fertige Produkt sicherlich aus dem Zusammenwirken aller Beteiligten entwickelt. Wenn ich allerdings Spiele wie SotC oder DeusEx nehme, also Spiele, die ganz klar von den Visionen einiger weniger der Beteiligten geprägt sind (der Rest des Teams führt lediglich aus), dann passt die genannte Definition schon.
    Es kommt halt immer auf das Spiel an… View all comments by SpielerZwei

  3. Nachtrag:
    Das kürzlich von mir besprochene “Jericho” ist doch ein sehr gutes Beispiel, denn auch wenn sehr viele Leute an der Entstehung beteiligt waren, läßt das fertige Produkt keinen Zweifel daran, dass Clive Barker der prägende Mann im Team war. Und dies betrifft nicht nur die Story, sondern auch das Charakterdesign und die gesamte Optik des Spiels. Wer beispielsweise Barkers Filme kennt, erkennt sofort den typischen visuellen Stil im Spiel wieder. Dies ist auch einer der Gründe, warum ich das Spiel trotz seines durchschnittlichen Gameplays für überdurchschnittlich halte. View all comments by SpielerZwei

  4. Wenn man mich persönlich fragte, würde ich auch ganz klar sagen: Ja, Spiele sind Kust. Zumindest bis zu einem gewissen Grad. Eben genau so, wie auch Filme nur bis zu einem gewissen Grad Kunst sind. Denn auch von einem Rambo-Teil würde vermutlich niemand ernsthaft behaupten, dass es sich um Kunst handelt. Die von Dir genannten Beispiele im Spielebereich fand ich sehr passend. Leider ist es in der Praxis, vor allem im Jugendschutz, aber tatsächlich so, dass die Größe des Produktionsteams gerne als Gegenargument genommen wird, um einem Spiel die Zugehörigkeit zur Kunst abzusprechen. Würde die Definition des Bundesverfassungsgerichtes nämlich tatsächlich auch unumstößlich für Games gelten, gäbe es praktisch keine Arbeit mehr für die BPjM… außer bei wirklich verfassungswidrigen Medien. Und das will ja anscheinend niemand. View all comments by Christian

  5. Hallo,

    während des Durchstreifen des Netzes ist mir Dein Blog aufgefallen. Nicht nur dieser Artikel, sondern auch die anderen Beiträge machen einen positiven Eindruck.
    Ich gebe zu, mein Beitrag passt nicht ganz zu Deinem Blog-Eintrag, aber ich wollte Dich fragen, ob Du Dein Blog nicht bei http://www.seducy.de (Blogverzeichnis) eintragen möchtest. Mein Blogverzeichnis legt auf Qualitativ hochwertige Blogs wert. Daher würde Dein Blog gut in das Gesamt-Bild des Verzeichnisses passen. Es ist möglich auch einen RSS-Feed einzutragen, natürlich aber keine Pflicht. Durch den Eintrag eines RSS-Feeds hättest Du jedoch den Vorteil, dass ein Ausschnitt Deiner letzten Artikel auf der Titel-Seite mit einem direkten Link zu Deinem Blog erscheinen würde. Bei einem Google-Page-Rank von derzeit 4, würde das für Dich auch einige Vorteile bieten. Ein Backlink ist keine Pflicht, würde mich aber natürlich freuen.

    Ich hoffe mein Kommentar ist in Deinem Blog willkommen, obwohl es der Diskussion um Deinen Artikel nicht wirklich hilfreich ist 🙂

    Seducy View all comments by seducy

  6. Woher stammt das Bild in deiner Header-Grafik zu diesem Artikel? Würde ih gern mehr von sehen. Link :)? View all comments by laZee

  7. Das ist aus der “I am 8 Bit”-Ausstellung. Die zugehörige Website findet man unter http://www.iam8bit.net.
    Leider funktioniert der Art-Bereich da nicht mehr so recht. Auf das Bild bin ich über die Suchbegriffe “games art” bei Google gestoßen. View all comments by Christian

  8. Eindeutig Kunst. Und das auch noch in verschiedensten Ausprägungen. Da ist einmal das Design von Welten, Characteren und auch Interfaces. Wenn die mal nicht sooo kreativ geraten sind, sondern einfach nur möglichst echt wirken sollen, dann bleibt da immernoch die Dramaturgie, Kamera-Einstellungen, Licht. Ja, so ein Leveldesigner muss da Fähigkeiten haben, wie die Leute beim Film, besonders für die CutSzenes. Zu guter Letzt fällt mir noch der Soundtrack ein. Da gibt’s zwar noch viel Raum zur Verbesserung aber einige Musik-Perlen hat die Spielewelt schon hervorgebracht. View all comments by rawgamer

  9. @rawgamer: Zustimmung in allen Punkten.

    Irgendwie werde ich aber insgesamt den Eindruck nicht los, dass mein Artikel fehlinterpretiert wurde: Ich wollte weniger zur Diskussion anregen, ob Spiele Kunst sind oder nicht (auch wenns ein schöner Nebeneffekt ist), sondern eine Mitmach-Aktion ins Leben rufen, bei der jeder seine Lieblingsbilder zu Videospielen verlinkt oder auf Kunst rund um Videospiele hinweist. View all comments by Christian

  10. Schaut mal hier: http://www.aes-group.org/hl3.asp

    Das ist ein Kunstprojekt mit dem Titel “Half Life Action”. Sehr interessant, wie ich finde. View all comments by Lance

  11. @seducy: ja, stimmt, passt hier wirklich nicht rein 😉
    Aber mal im Ernst: Ich hab das Teil hier zwar mal bei verschiedenen Blogverzeichnissen angemeldet, aber einen wirklich Nutzen sehe ich bei all dem Web 2.0-Drumherum-Mist mittlerweile echt nicht mehr. Ich glaube, ich führe mein Blog lieber weiter so wie bisher. Aber danke fürs Angebot. View all comments by Christian

  12. Tja.. grundgesetz technisch sind Videospiele Kunst, weil da der Begriff sehr weit gefaßt ist. In der ewigen Verbotsdiskussion hilft das aber nicht wirklich weiter…

    Ich halts übrigens mit einer ganz einfachen Formel: Was die Menschen unterhält ist Kunst. Darum ging und gehts ja schon seit der Steinzeit… View all comments by Arkion

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