Der Erwachsenen-Unterhaltung geht es dieser Tage wieder einmal massiv an den Kragen. Der vierte Ableger der Rambo-Serie läuft trotz der – zurecht – veweigerten Jugendfreigabe nur in einer geschnittenen Fassung in den deutschen Kinos an und nun hat es auch wieder mal ein Videospiel geschafft, nicht einfach nur auf dem Index zu landen, sondern direkt komplett verboten zu werden. Wer erwartet hätte, das dieses Schicksal nach Rockstar’s Manhunt am Ehesten dessen direkter Nachfolger ereilt, ist jedoch schief gewickelt. Erwischt hat es nämlich ausgerechnet Condemned, aus dem Hause Monolith, die sich nach den eher farbenfroh-witzigen No One lives Forever-Teilen seit einiger Zeit praktisch komplett auf die Produktion düsterer Horror-Shooter verlegt haben. Direkt nach dem großartigen ersten F.E.A.R. hat man sich dort als Erstlingswerk für die Xbox 360 seinerzeit an Condemned gemacht, das in Deutschland prompt Micrsofts rigider Familienpolitik zum Opfer gefallen und hierzulande deshalb gar nicht erst erschienen ist. Außer in der PC-Version, die aber auch schnell mal von der BPjM auf den Index gesetzt wurde. Nun also die amtliche Beschlagnahmung.
Wenig überraschend wieder einmal durchgesetzt von einem bayerischen Gericht. Um juristische Konflikte zu vermeiden, werde ich dazu keinerlei Wertung vornehmen. Allerdings wundere ich mich so langsam doch ziemlich über die deutsche Zensur-Methodik. Mal wird auf geradezu lächerliche Weise die Schere angesetzt (Counter-Strike ab 16), mal ausgerechnet an der harmlosesten aller Zwischensequenzen gekürzt (Call of Duty 4), ein anderes Mal werden Atom-Schläge in irgendwas anderes umbenannt, um Konflikte mit den Behörden zu vermeiden (World in Conflict) und dann wiederum… ja dann wird plötzlich dem einen Horrorspiel glatt die Indizierung verweigert (Clive Barker’s Jericho), während das andere nach fast zwei Jahren – und damit praktisch am Ende seiner dritten Halbwertzeit – komplett beschlagnahmt wird. Also irgendwie fühlt man sich da als Normalbürger ja schon irgendwann ganz schön verarscht.
Ach ja, die nicht existente deutsche Zensur. Bei solchen Meldungen überlege ich mir desöfteren ALLE meine Spiele nur noch im Ausland zu kaufen. Warum soll sich nicht ein anderer Staat über mein Geld freuen, als der, der mir als Erwachsenem und mündigem Bürger den Zugang zu gewissen Medien zu verwähren sucht? View all comments by ahe
@ahe : ich kaufe seit 2 jahren alles was mit meinem Hobby Videospielen zutun hat , im Ausland. Dazu gehören auch die Konsolen , sowie die Games und Zubehöre. Dieser Staat bekommt von mir keine Mehrwertsteuer mehr die irgendwie was mit den Kauf von Spielehardware zutun hat. View all comments by actionman
und wiedereinmal freu ich mich wahnsinnig in Österreich zu leben. ^^ View all comments by MENt
Um juristische Konflikte zu vermeiden, werde ich dazu keinerlei Wertung vornehmen.
Häh? Willst du Condemned nicht bewerten, weil dir das angeblich, wie man immer wieder in allen Magazinen liest, als Werbung ausgelegt werden könnte? Oder willst du den Vorgang der Beschlagnahmung nicht bewerten, was in meinen Augen (Meinungsfreiheit, anyone?) totaler Schwachsinn wäre? View all comments by Ranor
Wenn ich Condemned in irgendeiner Form bewerten würde, wäre das schon aufgrund seiner Indizierung nicht zulässig. So steht es im Jugendschutzgesetz, das “angeblich” ist damit schonmal hinfällig. Werbung wäre das nächsthöhere Vergehen gegen die Indizierungsauflagen. Damit gar nicht erst der Verdacht aufkommt, dass ich Condemned irgendwie positiv oder negativ hervorheben will, erspare ich mir also auch die Kommentierung des gesamten Vorgangs als solches.
Was die Meinungsfreiheit angeht: jau, Zensur als solche ist der völlig falsche Weg, Beschlagnahmungen und Verbote haben irgendwie so einen faden Beigeschmack von 1933. View all comments by Christian
@Christian: Da du dich mit der Thematik wesentlich besser auskennst als ich hätte ich da mal ein paar Fragen. In wie weit ist eigentlich die reine und wertungslose Berichterstattung über ein indiziertes bzw. beschlagnamtes Spiel verboten? Macht es einen Unterschied, wenn das Spiel “nur” keine USK-Freigabe erhalten hat? View all comments by ahe
Hehe,
auf Giga haben sie es 2x angezockt weil sie damit gerechnet haben ^^
Aber najo, hab eh keine Konsole von dem her View all comments by paxos
@ahe: Über ein Spiel, das lediglich kein USK-Siegel bekommen hat, kannst Du soviel und so wertend schreiben, wie Du möchtest. Das macht überhaupt nichts. Kein USK-Siegel bedeutet zunächst mal lediglich, dass der Titel automatisch für Jugendliche unter 18 Tabu ist, unterliegt aber ansonsten keinerlei Vertriebs- oder Werbeverboten, darf aber im Nachhinein durch die BPjM indiziert werden. Dann darf es nicht mehr wertend besprochen werden, nicht mehr öffentlich ausgestellt und nicht an Jugendliche verkauft werden. Wobei es nochmal Differenzierungen zwischen den einzelnen Listenteile der Indizierungslisten differenzieren muss. Die Details dazu hab ich aber auch grad nicht mehr ganz so präsent im Kopf, dafür müßte ich selbst nochmal nachschauen. Auf der Website der BPjM ist das aber alles sehr schön und transparent erklärt:
http://www.bundespruefstelle.de
Spiele, die ein USK-Siegel erhalten, dürfen übrigens nicht indiziert werden. View all comments by Christian
@Christian, …der mit 33, der war gut! Böse aber gut. Denn nichts anderes passiert doch immer und ständig, speziell gut erkennbar am deutschen “Videospiel-Verbots-Syndrom”. So ein Quark. Was passiert: Eine beknackte winzige Gruppe, denkt für mich, entscheidet für mich,….Willkür,..33und so. Dann lieber ein SchwarmBewusstsein 😉 View all comments by Chris
@Christian: Vielleicht kannst du mir mal belegen, dass es tatsächlich verboten ist journalistisch indizierte Spiele zu behandeln? Ist es schon strafbar wenn ich in meinem Blog darüber schreibe? Darf ich die Namen indizierter Titel noch nennen? Oder ist das schon Werbung? Ist das journalistische bewerten und besprechen eines indizierten Titels wirklich verboten?
Ich verstehe es, dass man die direkte Werbung (Marketing) und das Zugänglichmachen verbietet, aber eine journalistische Behandlung?
Auf den Seiten der Bundespruefstelle finde ich dazu nix konkretes. Einzig diese Seite könnte dazu was sagen: http://www.bundespruefstelle.de/bmfsfj/generator/bpjm/Jugendmedienschutz/Rechtsfolgen/indizierung-traegermedien,did=33104.html
(Siehe dort die Anmerkungen zu § 15 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 4 und 5 JuSchG) View all comments by Commander Z
Ok. Nach dem ich den Orginaltext im Gesetz selber gelesen habe, sehe ich das so: Es liegt in der Interpretationsgewalt der Judikative etwas als Werbung oder als journalistischen Beitrag zu bewerten. Tests werden anscheinend als Werbung ausgelegt. View all comments by Commander Z
Richtig, Tests beinhalten ja automatisch in irgendeiner Form eine Wertung, von daher wird es als Werbung ausgelegt – die zwar auch Negativ-Werbung sein kann, aber immerhin…
Es spricht grundsätzlich wohl rein überhaupt nichts gegen eine journalistische Behandlung eines indizierten Spiels. Als neutrale Berichterstattung der Marke “Der indizierte Shooter Gears of War erhält demnächst einen Nachfolger” gibt es überhaupt nichts dran auszusetzen. Schlecht widerum wäre, dem Satz ein “hervorragende” oder ähnlich hinzuzufügen.
Genauso vorsichtig sollte man Portierungen von Titeln von einem Format ins andere sein. Gears of War etwa ist in Deutschland nicht offiziell erschienen, wurde in seiner Importversion aber indiziert. Dann kam die PC-Version und plötzlich las man wieder allerorten Tests dazu, etwa bei Kackreiz, aber selbst die Gamestar hat was dazu gebracht. Die PC-Fassung hat aber ebenfalls kein USK-Siegel, da zudem Inhaltsgleichheit mit der 360-Variante besteht (wurde ja sogar mit zusätzlichen Leveln versehen), ist die wertende Berichterstattung auch über GoW auf dem PC nicht zulässig, da inhaltsgleiche Titel automatisch den Indizierungsbestimmungen unterliegen.
Mri fällt aber in den letzten Jahren in der Berichterstattung ein mehr als laxer Umgang mit dem Thema auf. Wurden früher indizierte Titel noch irgendwie umformuliert (wir erinnern uns an “Beben 3”) oder einfach nur als “indizierter Titel” behandelt, liest man heute völlig selbstverständlich die Original-Titel und dazu immer noch Kommentare wie “der bahnbrechende Shooter” oder ähnliches. Das geht so eigentlich auch nicht.
Richtig merkwürdig wirds dann, wenn es der PC Powerplay (der Herr sei ihrer Seele gnädig) gelingt, ein launig kommentiertes Quake 3-Multiplayermatch auf die DVD zu hieven und wertende Vergleiche zu Quake 4 vorzunehmen. Oder im damaligen Testvideo zu Counter-Strike: Source (zum Erscheinen im Bundle mit HL2 erhältlich und freigegeben ab 18) einen Headshot nach dem anderen zu landen, auf dem Heft aber trotzdem einen USK 16-Sticker zu erhalten.
Irgendwas läuft doch da komplett falsch im Jugendschutz.
Und das zeigt doch im Grunde genommen auch sehr deutlich, wie verfehlt die öffentliche Diskussion zum Thema die letzten Jahre war: Es wird immer am völlig falschen Ende angesetzt. Statt verbotstechnisch immer noch einen oben drauf zu setzen, sollte man doch lieber erstmal zusehen, dass bestehendes Regelflickwerk halbwegs anständig umgesetzt wird. Oder man stampft es lieber direkt ein. View all comments by Christian
Zum Jugendschutz fallt mir immer das ein : “Censorship is telling a man he can’t have a steak just because a baby can’t chew it.” – Mark Twain
Schönen Tag noch… und nicht vergessen “thank god it´s friday” View all comments by Actionman
Die wenigsten verstehen die bestehenden Gesetzestexte zu dem Thema. Immer wieder treffe ich auf Fragen, die du in deinem längeren Kommentar angesprochen hast. Gerade Publisher müssten doch Bescheid wissen und auf die Einhaltung der Gesetze achten.
Na, wie dem auch sei, die Beschlagnahmung von Titeln Monate bis Jahre nach dem Release, verfehlen auch so ein bisschen ihr Ziel. So wurde Dead Rising, glaube ich, rund ein Jahr nach Veröffentlichung beschlagnahmt. Zu dem Zeitpunkt hat es kein Mensch mehr gespielt. View all comments by Lance
Mich würde mal intessieren wie es aussieht, wenn ich zu einem nicht indizierten Spiel ohne USK-Siegel einen Test bringe und es irgendwann später indiziert oder gar beschlagnahmt wird. Streng genommen müsste ich den Test ja dann nachträglich von der Seite nehmen, obwohl er zum Zeitpunkt als ich ihn verfasst habe 100% legal war. Oder?
Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass das mit der Vorzensur früher weniger stressig und gefährlich war als mit der Nachzensur, wie sie bei uns heute praktiziert wird. Vielleicht sollte man das der Rechtssicherheit wegen wieder einführen.
View all comments by ahe
Soweit ich weiß zählt da das Datum der Veröffentlichung und man muß den Artikel nicht entfernen. Zu diesem Thema hab ich bislang auch noch nichts gefunden.
Besteht eigentlich grundsätzliches Interesse daran, dass ich mal eine Kurzübersicht zu Dos & Don’ts als Artikel erstelle? Dann fuchse ich mich auch nochmal in das Thema und erstelle mal quasi einen kleinen Blogger’s Guide to Indizierung, Verbot und Zensur 😉 View all comments by Christian
Ja, das ist eine gute Idee
Zu dem “angeblich” weiter oben hatte ich mich übrigens wegen dieser Diskussion hinreißen lassen. Ein klärender Artikel deinerseits wäre also gar nicht verkehrt. View all comments by Ranor
Ja, das wäre super 🙂 View all comments by ahe
Joa, dann mach ich mich doch mal daran und kontaktiere bei der Gelegenheit auch mal die BPjM. View all comments by Christian
Was anderes:
Großartig? Halte ich für übertrieben. Eher gut 😉 View all comments by suicide
Eher gut? Wohl eher völlig überschätzt und stinklangweilig 😉 View all comments by Ranor
Zu viele Büroräume in dem Spiel… View all comments by suicide
Mir persönlich hat es als Shooter deutlich besser gefallen als Half Life 2. Ja, es war alles grau in grau, ja es war nicht so unheimlich wie vorher immer angekündigt, aber ich hatte einfach einen Heidenspaß mit dem Spiel. Und von daher fand ich es großartig. 😀 View all comments by Christian