Wenn zwei sich streiten… (Update)

…muss offensichtlich immer irgend jemand der Meinung sein, er könnte doch direkt mal beiden Fraktionen mächtig ans Bein pissen und sie mit lustigen Falschmeldungen zusammenzucken lassen. In der ganzen Angelegenheit zeichnet sich aber vor allem mal wieder überdeutlich ab, dass man sich bloß nicht zu früh über bei Spiegel-Online gestreute und dort auch nur schlecht recherchierte Meldungen aufregen sollte. Was ist passiert? Am Wochenende schrieb die Financial Times Deutschland (FTD), unter Berufung auf vermeintlich sichere Quellen aus dem Dunstkreis der International Software Federation of Europe (IFSE), dass man sich in eben dieser Organisation sehr gut vorstellen könne, neben Games Convention und GamesCom eine dritte Messe mit Fokus auf Gesamteuropa in Deutschland zu etablieren. Spiegel Online hat die Meldung heute ungefiltert übernommen und bei mir untenstehenden cholerischen Anfall ausgelöst. Nun darf ich gerade dankenswerter Weise bei Medienrauschen.de lesen, dass das alles eine große böse Ente war. Weder die FTD, noch die Herren beim Spiegel haben sich die Mühe gemacht, das Ganze mal ordentlich zu hinterfragen.

Und ich hab da natürlich schonmal gar nicht tiefer gewühlt. Wenn man heutzutage nichtmal mehr etablierten Medien Glauben schenken darf… äh, Moment mal, da war ja noch was. Wie war das gleich mit den Killerspielen und den Amokläufern? Ach, egal.

Jedenfalls war Daniel Große von Medienrauschen.de mal so frei, bei der IFSE nachzufragen, was das denn für ein Mumpitz mit einer dritten Branchenmesse in Deutschland sein könnte. Die erleichternde wie erstaunlich offene, verständlichermaßen ziemlich angesäuert klingende Antwort des ISFE-Vorstands Jürgen Bansch liest sich wie folgt:

“Wir haben noch nie eine Videospielmesse organisiert und werden das wohl auch in zehn Jahren nicht tun. Es gibt hier nur drei Top-Manager, einer davon bin ich, und wir können uns nicht erklären, wie solch eine Meldung zustande kommt. Natürlich diskutieren wir immer wieder neue Ideen. Bislang gibt es in dieser Hinsicht aber weder Ansätze noch Planungen. Der Bericht ist reine Spekulation.” (Medienrauschen.de)

Derweil beharrt FTD-Autor Arndt Ohler auf der Richtigkeit seines Artikels und beruft sich auf den Informantenschutz, statt seine mysteriöse Quelle bei der ISFE einfach offenzulegen.

Wie ist dieser Bericht also nun einzuschätzen? Gezielte Finte oder einfach nur zu früh geleakte Insider-Info über wirklich unschöne Mauscheleien der großen Publisher?

Heißt es am Ende doch wie ursprünglich hier von mir geschrieben:

Wenn zwei sich streiten…

…muss sich natürlich ein Dritter einmischen und das Chaos komplett machen. Deutschland als Austragungsort für eine international anerkannte, große und seriöse Gaming-Messe ist tot. Gestorben. Im Eilverfahren zu Grabe getragen und mit tonnenweise Häme, Schlamm und Spott bedeckt auf dem allerbesten Weg, sich zusehends als attraktiver Standort aus dem Gedächtnis zu verabschieden. Games Convention? Was war das noch gleich? GamesCom? Selten dämlicher Versuch, in namentlicher Anlehnung an ehemalige Höhenflüge einer ganzen Branche vom Schweiße und Glanze anderer profitieren zu wollen. Als wäre diese nur noch um Haaresbreite von offen ausgefochtenen Grabenkämpfen und Messerstechereien zwischen Verantwortlichen entfernte Schlammschlacht, die sich uns in den vergangenen Wochen als mediales Schmierentheater präsentiert hat, noch nicht genug, glaubt sich nun auch noch die Interactive Software Federation of Europe (ISFE) ins Getümmel stürzen zu müssen. Weshalb? Um all den überflüssigen Zwist ausnutzen zu können und sich als schlangenzüngiger Heilsbringer zu präsentieren. Das Gerangel zwischen BIU und Messe Leipzig um Namensrechte, Termine, Standorte und Teilnehmer droht zu eskalieren? Hey, machen wir doch einfach unser eigenes Ding!

Den gesamteuropäischen Markt fest im Visier, möchte die ISFE eine dritte, bislang noch völlig namenlose Branchenmesse in Deutschland etablieren und so vermutlich von der Ungewissheit profitieren, der sich die Zankhähne GamesCom und Games Convention mittlerweile ausgesetzt sehen. Kleine Aussteller und Familienprogramm nur in Leipzig, das große Geld nur in Köln? Nicht mit der ISFE. Marktführerschaft kann das Ziel nur lauten. Und dafür braucht es sowohl die Kleinen als auch die Großen. Denn soviel steht fest: zwischen GC und GC passt markttechnisch gesehen nichtmal mehr eine Briefmarke. Zusammen mit all den Hausmessen, die alle großen Publisher mittlerweile veranstalten, dürfte am Ende des Tages kein einziger mehr hinten rausfallen, mit dem sich die Pläne der ISFE finanzieren ließen.

Ergo: Die Konkurrenz muss sterben.

Praktischerweise sorgt sie gerade selbst dafür, weshalb sich die ISFE im Grunde nur noch zurücklehnen müßte, um am Ende des Spektakels die Fetzen einzusammeln und zu einem neuen, wackligen Konstrukt zusammenzufügen.

Die große Frage allerdings ist, wer mit dieser hinter vorgehaltener Hand geäußerten Möglichkeit einer dritten großen Messe eigentlich wem einen Gefallen tut. Sollte das am Ende nur der verzweifelte Versuch des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) sein, endlich für Ruhe im Karton zu sorgen und den Leichensack für Leipzig endgültig dicht zu machen? Indem man nun ein Jahr lang zwei Konkurrenzmessen koexistieren lässt, nur um die GamesCom im Jahr 2010 in der noch zu benennenden europäischen Großmesse aufgehen zu lassen? In der Hoffnung, dass der klägliche Rest der Games Convention-Anhänger zähneknirschend folgen wird?

Schaut man nämlich mal genau hin, wer sich in der Interactive Software Federation of Europe so alles tummelt, könnte man glatt vor Lachen vom Stuhl fallen – wenn es doch bloß nicht so traurig wäre. Dort vereinigen sich nämlich feist grinsend nicht nur der Großteil der im BIU vereinten 13 größten Publisher Europas. Nein: auch der BIU ist als eigenständige Organisation in diesem Konstrukt vertreten.

Muss man noch dreimal raten dürfen, wer den Anschub für den Vorschlag gegeben hat, ab 2010 eine weitere Messe ins Gespräch zu bringen? Ich glaube fast nicht. Bei soviel Dreistigkeit und Niedertracht bleibt mir das Essen nur noch mit Mühe und Not im Gesicht. Unfassbar, sowas.

?

Bild: Games Convention 2007 von Rich_Lem

7 Comment

  1. Oops, sorry. Wollte ich genau so tippen. Ganz bestimmt. Bin wohl mit dem Finger abgerutscht oder so. View all comments by Christian

  2. Hab ich es doch gewusst, dass ich heute noch beim Christian was darüber lesen werde 😉 View all comments by MasteRehm

  3. Da hat es mir einfach in den Fingern gejuckt 😉 View all comments by Christian

  4. Pah, GamesCom, Games Convention, alles PillePalle verglichen mit dem GameCamp in München, Mai 2009.

    http://gamecampmunich.mixxt.de View all comments by Nils Hitze

  5. Immer diese Schleichwerbung…. 😉 View all comments by Christian

  6. Aber natürlich .. Social Media nennt man das glaube ich 🙂 View all comments by Nils Hitze

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