Ungeachtet allen Hypes und allen Erfolges stellt sich mir die Frage, was das iPhone als Gaming-Plattform wirklich taugt. Ist der App-Store wirklich so toll, wie überall angenommen? Annähernd 1 Milliarde Downloads seit Eröffnung des Online-Dienstes können nicht irren, oder? Vor knapp einem Jahr, noch vor der offiziellen Markteinführung des iPhone 3G – und damit ebenfalls des zugehörigen App-Stores – haben Marcus und ich drüben, beim seeligen EA-Play, mal eine kleine Diskussion zur möglichen Spieletauglichkeit des Cupertino’schen Superhandys geführt. Während Marcus damals in seinem Artikel doch stark daran zweifelte, dass das iPhone vom spielerischen Standpunkt aus gesehen wirklich etwas taugen könne, war ich doch ziemlich überzeugt davon. Immerhin konnte das iPhone praktisch alles, was ein Nintendo DS auch konnte – und noch ein bißchen mehr. Das alles ohne lästigen Stylus und ohne ein einziges Knöpfchen, aber dafür mit einem spitzenmäßig angebundenen Download-Shop, der unter Garantie sehr bald mit jeder Menge innovativer Spielkonzepte und unzähligen Kleinoden bevölkert werden würde. Soviel zur Theorie. Wie aber stellt sich das iPhone als Gaming-Plattform heute, rund 9 Monate nach der offiziellen Eröffnung des App-Stores dar?
Sagen wir es mal so: das iPhone ist aus rein technischer Sicht – und vor allem wenn man bedenkt, das wir im Grunde immer noch „nur“ von einem Mobiltelefon sprechen – tatsächlich eine überaus potente Plattform, deren Performance-Potential offenbar noch lange nicht ausgereizt wurde. Der App-Store hat durch seinen überaus atemberaubenden Erfolg und allein durch die geradezu erdrückende Fülle an Apps mehr als bewiesen, wie überfällig ein dertartiges – und doch eigentlich so simples – Konzept doch war. Und zwar sowohl aus Entwickler- als auch aus Konsumenten-Sicht.
Indes: als alteingesessener Gamer will ich nicht so recht warm mit der Vorstellung vom iPhone als reinrassige Spieleplattform werden. Das liegt hauptsächlich an dem Umstand, dass es kaum wirklich spannende Spielkonzepte gibt, die über Minispiel- oder Puzzle-Niveau hinausgehen. Wie viele Tausend Bejeweled-Klone gibt es eigentlich im App-Store? Ach egal: wenn wir mal ehrlich sind, will das doch lieber niemand ernsthaft nachzählen. Hier zeigt sich mal wieder sehr eindrücklich, warum ich es nicht leider kann, wenn plötzlich mehr oder weniger jeder daherkommen und in Spekulation auf die schnelle Mark irgendeinen Müll veröffentlichen kann.
So häufig Apples teilweise äußerst undurchsichtiges Prüfverfahren zur Zulassung der Apps zum Download auch kritisiert werden mag, hier wäre es wirklich mal angebracht, kräftig auf den Tisch zu hauen. Denn gefühlt bestehen um die 80% der weit über 30.000 verfügbaren Applikationen aus Taschenlampen, Bejeweled-, Tetris-, Zoo Keeper oder Wasauchimmer-Klonen. Da freut man sich doch regelrecht über jedes virtuelle Furzkissen, das es in den Shop schafft. Dazu herrscht mittlerweile eine Unordnung in diesem Laden, auf die selbst Rudis Resterampe nur neidisch sein kann.
Wie dem auch sei: als ernstzunehmendes Gaming-Moped will das iPhone derzeit trotz aller gegebenen technischen Voraussetzungen nicht so recht taugen. Da kann das durchschnittliche Preisniveau der einzelnen Spiele im Vergleich zu Nintendos DS(i) oder Sonys PSP noch so niedrig sein – was bringt es, wenn für das Geld nur das immer gleiche, höchstens kurzzeitig spaßige Spielprinzip unten rausfällt? So schön eine Neuauflage des alten Pinball Dreams-Klassikers, eine Katamari-Portierung (und sei sie noch so halbherzig) oder ein originelles Konzept wie das tatsächlich sehr famose Zen Bound auch sein mögen: auf lange Sicht würde ich mir deutlich mehr Fleisch am Knochen wünschen. Mehr Spielumfang, mehr Tiefgang – einfach “größere” Titel. Games, die sich im Umfang nicht hinter der mobilen (und reinrassigen) Handheld-Konkurrenz der alteingesessenen Konsolenhersteller und bekannten Spieleschmieden verstecken müssen. Dafür wäre ich auch ohne weiteres bereit deutlich mehr zu zahlen, als die 7,99€, die sich offenbar als Schmerzgrenze eingependelt haben.
Ein Adventure in Stil und Umfang eines Legend of Zelda – Phantom Hourglass? Ein episches Rollenspiel à la Final Fantasy? Umfangreiche taktische Herausforderungen im Stile eines Advanced Wars? Gelungene Umsetzungen großer Adventures? Technisch alles möglich, bloß mag sich trotz des enormen Erfolges sowohl des iPhones, als auch des App-Stores, niemand so recht herantrauen. Und das ist mehr als schade. Denn so bleibt einem in den meisten Fällen nicht viel mehr als das schnelle Spielvergnügen zwischendurch in Bus und Bahn, oder während der obligatorischen Wartezeiten bei Ärzten, beim Friseur oder an der Supermarktkasse.
Und dann wäre da noch die reinrassige Auslegung auf Touch- und Bewegungssteuerung unter Verzicht auf jeglichen physischen Knopf. Ging mir der Stylus am DS schon in Rekordzeit auf den Senkel, kann einen das eigentlich unschlagbare Touch-Display des Apple-Phones in Spielsituation in allerkürzester Zeit in den Wahnsinn treiben. So lustig das Operieren am offenen Patienten mit Pizzamesser, Starterkabel und Co. in Amateur Surgeon auch sein mag. Wenn man sich bei der Benutzung einzelner Items selbst im Wege steht, weil der Finger bei der erforderlichen milimetergenauen Steuerung das halbe Display verdeckt, ist man geneigt Amputationsgedanken zu hegen – und das will ja auch niemand.
Sorry, aber so wie es momentan aussieht hatte Marcus damals Recht: wer wirklich anständig mobil spielen will, greift doch lieber zur ausgewachsenen Konkurrenz.
Bildquelle: 3GStore.de, veröffentlicht unter CC-BY-Lizenz.
…ich liebe meinen Pinball auf dem Phone. Und würde so gern den Train-Sim steuern. Nur habe ich Finger, keine Nadeln. Trotzdem: Da kommt dieses Jahr bestimmt noch was interessantes. Ein oder zwei Games 😉 View all comments by Chris
Ich denke das Hauptproblem warum die Entwickler nicht bereit sind, richtige “Risiken” in Form von Premiumtiteln zu wagen ist folgender:
Der AppStore ist momentan eine mehr oder minder wahllose Anhäufung von Apps in der nur wirklich raussticht, wer es in die Top10 schafft. Das geht aber fast ausschließlich über Masse, gerade nachgezählt und 8 von 10 Apps in den Top10 haben das berüchtigte “0,79€” Price-Tag.
Es gibt zwar noch eine Vorstellung von Apps auf der Startseite, aber die scheint doch eher lieblos bis automatisch zusammengewürfelt. Apple hat den Markt mit dem AppStore-Konzept sicherlich revolutioniert, das Problem ist aber dass “Premium-Apps” leider keine Chance haben, aus der schieren Masse herauszustechen. Ein redaktionelles Vorstellen von wirklichen Top-Apps im Store wäre schonmal ein großer Schritt nach vorn. Seiten wie TouchArcade bekommen einfach immernoch viel zu wenig Beachtung.
Ich würde mir wünschen dass Apple endlich den Schritt wagt – wie es ja die Gerüchteküche schon öfter verlautbart hat – eine Premium-Rubrik im Appstore zu starten damit sich an der Front für “richtige” Spiele endlich was tut. Ansonsten wird das iPhone wohl eher ein Casual-Dahindümpeln wie die Wii erwarten 🙁 View all comments by Peter
Ich habe vor einiger Zeit mal einen Rick Dangerous-Klon auf dem iPhone eines Kollegen spielen dürfen. Und ich muss sagen, dass eine Steuerung, in der Feuerknöpfe auf dem Touchscreen angebracht sind, wirklich unter aller Sau ist. Irgendwann rutschen die Finger zwangsläufig von diesen “Tasten” ab, weil man sie ja nicht spürt, und die Spielfigur springt plötzlich nicht mehr – tot. Eine ganz normale Taste kann man so nicht ersetzen. iPhone-Spiele, die eingabetechnisch kein Gamepad simulieren wollen, taugen dann vielleicht auch eher was, würde ich mal vermuten. View all comments by blumentopferde
Und was, wenn das erst der Anfang ist und der Appstore nur aufzeigt, wohin sich mobiles Spielen entwickelt? Sony und Nintendo ziehen doch schon nach und scheinen ebenfalls auf Minispielchen als Download zu setzen. Weniger Raubkopien, fantastische Umsätze, kein Tausch- und Gebrauchtmarkt, keine Millionen Entwicklungskosten… zudem stellt sich ja sowieso die Frage ob die Leute wirklich so dringend Spiele in epischer Breite auf ihrem Handheld spielen wollen. Klingt nach viel Kohle und wenig Risiko, wäre also auch für Sony und Nintendo sehr verlockend die Anzahl an “richtigen” Spielen herunter, und die Menge an Minispielen herauf zu schrauben.
Wollen wir es nicht hoffen und geben stattdessen zu bedenken, dass die wenigsten Entwickler vorher überhaupt mit dem Mac zu tun hatten, die Plattform kein Jahr alt, recht teuer und das Appstorekonzept in dieser Form und Dimension neu ist… dann sieht die Welt doch gar nicht so schlimm aus. Letztes Jahr konnte den Erfolg niemand vorhersehen, ergo hat niemand in Spiele mit 1-2 Jahren Entwicklungszeit investiert sondern auf schnelle Portierungen und kleine Projekte gesetzt. Mal sehen was diesen Herbst so passiert. View all comments by Ben
Zum einen gebe ich Ben recht, dass man vielleicht in einem Jahr nochmal gucken sollte. Zum anderen weiß ich nicht, ob ich überhaupt große Titel auf einem kleinen Gerät spielen will. Ich hatte vor kurzen mal einen Abend lang GTA Chinatown Wars auf dem DS gespielt. Nach zwei Stunden taten mir die Augen weh, vom Starren auf das kleine Display und die fiselige Grafik, und ebenso die Hände, die viel zu groß für den kleinen DS sind. Glücklicherweise packt Rockstar die Story in kleine Häppchen, die man auch stückchenweise genießen kann. Nur leider kann es passieren, dass man den roten Faden verliert, wenn die Häppchen zu klein oder zu selten genossen werden. Von daher spiele ich lieber kleine Spiele auf kleinen Konsolen. Was nettes für Zwischendurch, wo ich micht nicht erinnern muss, womit ich das letztes Mal aufgehört hatte und was das nächste Ziel eigentlich sein sollte. View all comments by Einzelspieler
Zu deinen Bedenken Chris – lass mal noch ein paar Wochen ins Land ziehen. Klar gibt es aktuelle xtrem viele Klone und was weiß ich, doch bereits jetzt können Titel wie “Pocket God”, “Fieldrunners”, etc mit gutem Support und Downloadcontent nachlegen und dne Spieler lange bei Laune halten.
Ausserdem gibt es auch Titel wie Sim City etc., die bereits jetzt über das “zock ich mal 5 Minunten” Prinzip hinausgehen. Zudem – schauen wir mal auf die Zukunft. Da steht ein Need for Speed an, eine Prey (!) Portierung und sogar GTA soll auf das iPhone kommen. Das ist dabei erst der Anfang – viele Namenhafte Firmen beginnen schon, Titel auch auf dem iPhone zu entwickeln. Soll ja auch bald ein Premium App Store eingeführt werden. Glaubs mir, da kommt noch einiges auf den Spieler zu. NDS und PSP können und sollten sich warm anziehen 🙂 View all comments by Haschbeutel
Da ich heute mal wider arbeitstechnsich keine Zeit für lange Kommentare habe, nur soviel: Öhm, Pocket God kann länger begeistern? Hast Du ein anderes Spiel als ich?
Generell bin ich auch der Meinung, dass der Store VIEL zu unübersichtlich ist und da erstmal Ordnung geschafft werden müsste, ehe sich wirklich mal was größeres in den App-Store taugt.
Leider machen halbgare Moorhuhn-Umsetzungen selbst großer Franchises wie Metal Gear Solid aber auch nicht so richtig Hoffnung. View all comments by Christian
“Apple-Produkt”
“was taugen”
yeah, sure View all comments by PropheT
Raus hier. Sofort. 😉 View all comments by Christian
Steuerung ist das A und O beim Zocken. Darum spielt man Prügelspiele mit dem gescheiten Digi-Pad oder einem Arcade Stick (falls man einen kriegt). Resi4 spielt man an der Wii und 3D-Shooter mit WASD und Maus.
Das iPhone kann ich mir für gemütliche sachen gut vorstellen; Rundenstrategie, Visual Novels, Adventures oder so. Alles wo ich Zeit habe und man keine präzise Steuerung braucht. Mit Touchscreengefummel bei Jump’n’Runs oder sonstigen Actionspielen braucht mir keiner zu kommen. View all comments by Ivor Bigbotty
… auch ich habe einige nette, kleinere Zeitkiller gefunden – doch was mich wirklich stört, ist das immer mitzuführende Mikrofasertuch in der Hosentasche… 🙂
Also meine Forderung: Im nächsten Gewinnspiel Mikrofasertücher anbieten … View all comments by Gerald
Also ich finde das iPhone ist bedingt Gametauglich. Ich zum Beispiel hab auch SimCity drauf und das ist leider etwas zu schwierig mit der Steuerung.
Insgesammt gibt es reichlich drollige und gut gemachte Spiele meine liebsten sind LuxTouch, tapdefense, Asphalt4 und Glyph View all comments by MacFriesenjung
Ich muss schon zugeben, dass mich die Spiele aus dem Appstore seit der Konsumierung einiger Artikel und Videoreviews durchaus interessiert. Gerade weil ich jeden Tag zwische zwei Städten hin und her pendle, kommt mir Unterhaltung aus der Hosentasche (aus, nicht in! 😉 durchaus recht. Allerdings fange ich selten richtig lange, komplexe Spiele unterwegs an, weil mich das ganze Drumherum in der Bahn zu sehr ablenkt. Atmoshpärische Spiele genieße ich lieber in aller Ruhe zuhause – oder sonstwo, wo nicht ständig Haltestellen angesagt werden oder jemand deine Fahrkarte sehen möchte. Ja, da bin ich streng 😉
Allerdings ist mir das Iphone viel zu teuer, und selbst wenn ichs hätte, könnte ich mit dem nicht so viel anfangen, weil ich handytechnisch eher Purist bin. Klar ist das cool, wenn man unterwegs seine Mails abrufen kann, etwas twittert oder so, aber das rechtfertigen die Kosten irgendwie nicht. SMS und Telefon, das krieg ich auch billiger.
Also was bleibt? Kann ich mir stattdessen nicht einfach einen Ipod Touch kaufen und die gleichen Spiele wie auf dem Iphone genießen? Oder gibts da Unterschiede? View all comments by Micha
@Micha: Jup, funktioniert ohne Weiteres alles auch mit dem iPod Touch. Ist wohl praktisch die gleiche Hardware, ohne die Telefon-Bauteile. View all comments by Christian
@Christian: Ah, geile Sache! Danke für den Tipp. Mal sehen ob ich meinen Nano verticken und mir irgendwo kostengünstig einen Touch “schießen” kann 😉 View all comments by Micha