Space – the final frontier

startrek

Ein paar ungeordnete Gedanken zum neuen Star Trek Film, die irgendwie raus müssen, ohne dass ich dabei groß auf die Story eingehen möchte. Story und Star Trek, das war immer schon irgendwie eine Wissenschaft für sich. Die Plots der alten Serien und Filme konnte man lieben, musste man aber nicht. Das eigentlich faszinierende für mich waren eigentlich immer mehr die Figuren, das ganz eigene Universum, das mit jeder neuen Folge geschaffen, gepflegt und vorangetrieben wurde. So auch im neuesten Streifen. Wir erleben wieder einmal etwas, das nun seit einigen Jahren im Kino immer häufiger vorzufinden ist und auf Neudeutsch so gerne mit dem schönen Begriff “Reboot” bezeichnet wird: das komplette Umkrempeln einer etablierten, aber irgendwie nicht mehr so richtig zünden wollenden Marke, meist einhergehend mit der gleichzeitigen Rückkehr “zu den Wurzeln”, also dorthin, wo Charaktere und Story gemeinhin ihren Ursprung fanden. Erstaunlicherweise schafft gerade dies eine enorme erzählerische Freiheit und die Autoren laufen nicht so richtig Gefahr, bestehende Storylines völlig über den Haufen zu werfen, sondern sind im Gegenteil eher in der Lage, die Basis für bereits Gesehenes schaffen zu können. Klingt paradox, ist es auch, funktioniert aber einwandfrei, weil nämlich die Original-Filme sich in der Regel gar nicht erst mit großem Vorgeplänkel aufgehalten haben, sondern mittendrin eingestiegen sind und viele Begebenheiten als gegeben vorausgesetzt haben. Natürlich waren Kirk, Spock und Co. bei ihrem Seriendebüt bereits ein mehr oder minder miteinander vertrautes Team, bei ihrem Abdanken viele Jahre später definitiv ein eingeschworener Zirkel. Bloß wie das alles angefangen hat – das wusste bis dato niemand so recht.

Entsprechend scheint es nur logisch zu sein, dass Lost-Mastermind J.J. Abrams sich für seinen Reboot ausgerechnet die Anfänge der Star Trek-Crew ausgesucht hat. Alles andere sähe auch irgendwie komisch aus. Diese Crew nun also muss sich ausgerechnet gegen ein wahres Urgestein unter den Schauspiel-Ensembles dieser Welt behaupten. Von Walter Matthau und Jack Lemmon mal abgesehen dürfte es sich wohl kein Charakter-Gespann länger und konsequenter in einer eigenen Nische im Kino bequem gemacht haben als die alten Säcke um William Shatner und Leonard Nimoy. Das barg für das Cast natürlich die Gefahr, ein für alle Mal auf eine einzige Rolle festgelegt zu werden – und so war es in den meisten Fällen ja dann auch. Shatner musste erst ein alter Mann werden, um nochmal ernsthaft in anderen Rollen unterzukommen, einen Großteil der Ur-Enterprise-Crew hat praktisch niemals jemand außerhalb des Raumschiffs zu Gesicht bekommen und Leonard Nimoy hat sein Aufgehen in dieser einen Rolle sogleich zum Anlass genommen, seine eigene Auto-Biographie augenzwinkernd “I am Spock” zu nennen. Wohlwissend, dass er auf immer mit dieser Figur verbandelt sein würde.

Entsprechend konsequent ist sein kurzer Auftritt als Brückenschlag zwischen alt und neu im aktuellen Streifen geraten. Und wenn er am Ende auf seinen jüngeren Gegenpart trifft, wird klar: Nimoy muss sich um sein Erbe keinerlei Sorgen machen. Was Zachary Quinto schauspielerisch aus seiner Rolle herausholt, begeistert von der ersten bis zur letzten Minute. Ohne auch nur in einer Sekunde zu versuchen Nimoy zu imitieren, gelingt ihm eine faszinierende Neu-Interpretation eines in vielen Jahren liebgewonnenen Charakters, ohne auch nur im Geringsten an dessem Stoismus oder seiner Vielschichtigkeit zu rütteln. Quinto beschränkt sich auf ein Minimum an Gestus, spart selbst am sonst so Spock-typischen Heben der Augenbraue und wirkt gerade durch seinen Minimalismus so prägnant und mitreißend.

Der junge Kirk hingegen wird als Hitzkopf und Raufbold zwar trefflich charakterisiert, vom nachdenklich-aufbrausenden Zynismus eines Shatner bleibt er aber weit entfernt und entsprechend leider etwas farblos. Genau wie Pille McCoy, gespielt von Karl Urban, der zwar als einer der Hauptcharaktere eingeführt wird, sich allerdings mit eher kleinen Auftritten begnügen muss. In diesem Momenten jedoch weiß Urban so richtig aufzutrumpfen. Genau wie man Quinto den Spock sofort vom ersten Augenblick an abnimmt, ist von Anfang an klar: Urban ist McCoy. Jeder andere in dieser Rolle wäre einer Fehlbesetzung gleichgekommen. Dabei kommt er in seiner Darstellung so nah an das Original, dass man zwischenzeitlich geneigt ist zu glauben, es wieder mit einem drastisch verjüngten DeForest Kelley zu tun zu haben – und eben nicht mit einem Mann, der bisher vor allem durch die Abwesenheit vielfältiger Gesichtsausdrücke und größerer Emotionen  zu glänzen wusste. Nun gut, Der Herr der Ringe, Doom oder Riddick waren auch nicht unbedingt Filme, in denen er die Möglichkeit hatte, groß aufzutrumpfen.

Ein wenig Schade, angesichts der völligen Neusortierung der Enterprise-Crew, jedoch verständlich, ist, dass Charaktere wie Scotty, Checkov oder Zulu von Beginn an darauf angelegt sind, eher als Nebenrollen zu fungieren. Dadurch kommen sie manchmal etwas kurz, sorgen dafür jedoch immer wieder gerne mal für eine gehörige Portion Humor. Der ist bei all dem Krachbumm allerdings auch hin und wieder bitter nötig. Denn für leise Zwischentöne bleibt im Auftakt der neuen Film-Serie ansonsten nur sehr wenig Raum. Denn Star Trek versteht sich im Neuaufguss offenbar vorrangig als Action-Reißer. Hin und wieder bekommt man glatt das Gefühl, der anderen Serie mit “Star” im Namen gelandet zu sein, wird beim Anblick des charakteristischen Enterprise-Rumpfes jedoch umgehend wieder in den richtigen Film zurückgeholt.

Fest steht: auch wenn es bereits in der Vergangenheit immer wieder mal die ein odere andere Dicke-Hosen-Actionszene in einem Star Trek-Film gab: soviel Action war noch nie. Mal davon abgesehen, dass es offenbar seit mindestens 5 Filmen zum guten Ton gehört, die gerade erst frisch aus dem Dock gelaufene Enterprise möglichst kurz darauf bereits ordentlich zu zerbröseln (oder ihr doch wenigstens einen Teil der Außenhaut über die Ohren zu ziehen): Bislang waren zünftige Gefechte, durchchoreografierte Fights und aufs-Maul-Action eher inszenatorische Ausnahme als filmische Regel im Star Trek Universum. Im neuesten Teil gilt: die gemütliche Tasse Earl Grey kann der interstellare Warmduscher sich lieber direkt in den Allerwertesten schieben.

Das erstaunlichste an diesem ganzen Spektakel ist aber: es funktioniert. Und zwar wunderbar. Es waren halt noch etwas rauhere Zeiten, damals, in der Zukunft. Shatner musste sich ja seinerzeit auch nicht umsonst ein ums andere Mal das zerrissene Captains-Kostüm vom Oberleib reißen. Eine zünftige Schlägerei gehörte halt immer dazu. Und wenn dabei mal das Outfit kaputt ging – geschenkt. Am Ende gabs zum Trost sowieso immer Frauen, die gegen knappe Bekleidung herzlich wenig einzuwenden hatten. Wobei wir auch hier wieder beim stilvollen Traditions-Bruch wären… doch genug gespoilert.

Ich für meinen Teil liebe den neuen Star Trek übrigens besonders für sein Aussehen. Gut, über den stellenweise dezent übertriebenen Einsatz von Lensflare-Effekten lässt sich sicherlich trefflich streiten, doch was hier unterm Strich an Kamera-Arbeit geleistet wird, sucht seinesgleichen im Genre. Und nicht nur dort. Ebenfalls jenseits jeglicher Kritik navigiert die gesamte Ausstattung des Films. Das Set-Design ist überragend und glänzt durch das besondere Mittendrin-Gefühl, die Special Effects sehen atemberaubend gut aus. Vor allem das Design und die Inszenierung des Romulaner-Schiffes sind großartig gelungen. Abzüge hingegen gibt es für den oftmals viel zu aufdringlichen Soundtrack, der zu sehr auf Bombast und überbordende Dramatik setzt und zwischenzeitlich einfach nur nervt. Das ist äußerst schade, tut aber dem Gesamterlebnis glücklicherweise keinerlei Abbruch.

Wer mit Star Trek im Allgemeinen und Zeitreise-Stories im Speziellen herzlich wenig anfangen kann, der wird vermutlich auch mit J.J. Abrams jüngstem Regiewerk nicht sonderlich glücklich werden. Alle anderen dürften sich 2 Stunden lang ausgezeichnet unterhalten fühlen, würde ich behaupten.

10 Comment

  1. Schön zusammengefasst!
    Aber schade um den Score. Viel zu überladen und ein richtig prägnantes Thema gabs auch nicht. Zwischendrin hatte ich sogar das Gefühl das Thema einer anderen Arbeit von Komponist Michael Giacchino und Produzent J. J. Abrams herauszuhören… View all comments by Maggi

  2. Jupp, aber noch 2-3 Anmerkungen meinerseits:
    Das Set-Design fand ich leider sehr durchmischt, vor allem im direkten Vergleich mit den übrigen Star Trek Filmen und Serien die sich eigentlich immer durch einen klaren Stil ausgezeichnet haben.
    Ausgerechnet die Brücke scheitert am Spagat zwischen Hommage an die alte Serie und dem “coolen” Futuristischen Look eines Apple Stores und sieht eigentlich nur durcheinander aus. Noch schlimmer der Maschinenraum, dem man nicht einmal ansieht, dass er auf einem Star Trek Raumschiff verortet ist: Könnte auch das örtliche Pumpspeicherwerk sein.

    Und dann das ganz große Problem dass man bei der (hervorragend funktionierenden) Fixierung auf die Kerncrew alles andere komplett vergisst. Ich meine nicht mal die Story (die mehr Logikbugs und waghalsige Konstruktionen hat als die Durchschnittsfolge der Serien) sondern das fehlen eines glaubhaften Zieles oder Antagonisten. Der Bösromulaner hat gefühlt weniger Screentime als Scottys Sidekick… besonders schade wenn man sich vor Augen führt dass die guten Star Trek Filme alle herausragende Gegenspieler hatten. Scheint aber so ein “Reboot”-Problem zu sein, siehe James Bond oder den letzten Indiana Jones. View all comments by Ben

  3. Mir hat an dem Set gerade gefallen, dass es alles ein wenig organischer wirkte. Dass der Maschinenraum noch ein echter Maschinenraum war, das generelle Brückensetting zwar sehr stylish, aber eben noch ohne all die hypermodernen Elemente der Next Generation etc. Da schimmerte noch so ein wenig die Hommage an die Serienanfänge durch, eine gewisse Kontinuität. Stylish ja, komische Bedienelemente mit Symbolen, die keiner mehr versteht – erst 2 Jahrhunderte später, sorry. Hatte einen gewissen Charme, fand ich.
    Die Story war wirklich außerordentlich löchrig, ja. Deswegen bin ich auch lieber nicht drauf eingegangen. Die generelle Motivation Neros wurde zwar deutlich, hier wurde allerdings außerordentlich viel Potential verschenkt. Das muss dann wohl der Director’s Cut richten, vermute ich.
    Auf den echten Indy-Reboot bin ich ja irgendwie gespannt. Der steht ja eigentlich noch aus. Mal abwarten, wie das aussieht, wenn Sheia Laböff zum ersten Mal abendfüllend den Hut aufsetzt. View all comments by Christian

  4. “Als einzige Ausnahme gar nicht mehr wiederzuerkennen ist der Maschinenraum der Enterprise, welcher statt demonstrativ herumleuchtendem Warpkern nun eher nüchtern wie eine Mischung aus Fabrikhalle und Kläranlage aussieht. Mir gefällt’s, wo Maschinen werkeln soll’s ruhig auch nach rohem Stahl aussehen und warum sollte man sich beim Design eines Raumschiffes überhaupt Mühe geben, selbst seine tiefsten Eingeweide formschön zu veredeln?” – Um einen passenden Teil aus meinem eigenen “Star Trek”-Bericht zu zitieren. Bin auch ansonsten fast 100% agree-ig mit dem Bericht hier und denke, die meisten Kinogänger werden es genau so empfunden haben. Außer vielleicht meine Mutter, die mit dem alten “Raumschiff Enterprise” groß geworden ist und vollkommen entsetzt bei mir angerufen hat, wie ich ihr diesen katastrophalen Film nur empfehlen konnte. 😀

    Wobei ich gestehen muss, dass ich den Film mit immer mehr Abstand zum Kinogang noch ein wenig schlechter finde als unmittelbar danach. Nicht schlecht, aber halt etwas schlechter, weil mir einfach immer mehr viel zu bescheuerte, vermeidbare Sachen auffallen, die ich allerdings schon immer an Abrams’ sehr TV-Show-mäßigen Kinowerken bemängelt habe. Doch bevor ich zu negativ klinge (mir hat der Film wie gesagt ja auch ganz gut gefallen): Wer “Angels & Demons” gesehen hat, würde Star Trek im Vergleich dazu wohl sofort ‘nen Drehbuch-Oscar überreichen wollen. View all comments by Daniel Pook

  5. Ich glaube auch, dass der Film als solcher überhaupt nicht funktionieren würde, wäre da nicht dieses herausragende Cast, dass einfach wunderbar zusammen funktioniert. Hatte Abrams bislang einen ganz eigenen, unverkennbaren Stil, geht der hier ein wenig im eher durchschnittlichen Drehbuch unter. Bei Mission Impossible 3 hat es Abrams noch selbst retten können, hier müssen es die Schauspieler für ihn übernehmen. Nichts desto trotz irgendwie ein beeindruckendes Werk. Schon komisch. View all comments by Christian

  6. Aaaaalso, ich weiß nicht ob du es extra verschweigst oder vielleicht gar nicht weißt: Kirk soll anders sein, und das hat auch seinen Grund. Durch die Zeitreise von Nero ist nämliche eine alternative Realität entstanden, also ein Paralleluniversum (oder sowas). In diesem spielt die Handlung, die “echte” Star Trek Crew lebt also in einer anderen Welt. D.h. unter anderem dass in diesem Star Trek Kirks Eltern tot sind, in den alten Universum aber nicht. Der frühe Tod der Eltern verändert den jungen Kirk natürlich stark womit ein zwar erkennbar ähnlicher, aber eben doch anderer Charakter entsteht. Somit sind leichte Charakterunterschiede kein Fehler des Schauspielers sondern gewollt. Das erklärt übrigens auch warum Uhura etwas sexier sein darf 😉 DIe anderen Charakter sind zwar viel dichter am Original (weil da keine Trauma wie tote Eltern reinspielen), können sich aber trotzdem leicht anders entwickelt haben, wie das halt in Parallelwelten so ist 😉

    … Oh Gott, ich klinge ja wie ein Trekkie, dabei hab ich nur die Hälfte der Filme gesehen… View all comments by Jan

  7. ^^ SPOILER

    arg, der hat meine Spoilerwarnung entfernet

    !!!!!!!!!! ACHTUNG, der POST UEBER MIR ENTHAELT SPOILER View all comments by Jan

  8. Ja danke. Die Warnung kam zu spät… View all comments by Kazoom

  9. @Jan: ok, nun rate mal warum unter anderem darauf hingewiesen habe auf das Eingehen auf die Story verzichten zu wollen 😉
    Aber mal Story hin oder her: Kirk bleibt als Charakter trotzdem seltsam flach und uncharismatisch. View all comments by Christian

  10. “Ja danke. Die Warnung kam zu spät”

    Sorry, ich hatte extra spoiler drübergeschrieben in eckigen klammern, aber das hat er wohl als unbekannten tag einfach geschluckt…

    Mal davon abgesehen spoilert meine Antwort eigentlich gar nicht, bis auf das mit den Eltern. Der Rest war im Vorfeld durch Trailer etc bekannt. Noch dazu wird nach einem Satz meines Posts klar das ich jetzt was zum Inhalt sage. Vielleicht kann Christian die Spoilerwarnung ja aber noch nachträglich einfügen (oder künstlich einen post vor meinem einfügen der darauf hinweist)

    @Christian

    Finde ich eher nicht und es wird halt aus deinem Post nicht klar ob du das kapiert hattest mit dem Charakterunterschied, daher musste ich das einfach erklären. Du sagst ja auch “vom nachdenklich-aufbrausenden Zynismus eines Shatner bleibt er aber weit entfernt und entsprechend leider etwas farblos”. Es war also nur treffend anzumerken das der fehlende Zynismus gewollt sein kann. Mal abgesehen davon das er mit oder ohne Zynismus farblos sein kann oder auch nicht. View all comments by Jan

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