Nachdem ich bereits der Frage nachgegangen bin, ab wann Spiele eigentlich ernst genommen werden können, bzw.unter welchen Voraussetzungen sie uns emotional berühren können, möchte ich einmal kurz die Frage in den Raum werfen, ab wann Spiele, bzw. die darin entworfenen Szenarien, Charaktere & Gameplay-Mechanismen, eigentlich glaubwürdig werden. Hierbei könnte ich Eure Hilfe gebrauchen, denn auch nachdem ich mir etwas länger Gedanken dazu gemacht habe, wollte mir keine wirklich restlos stimmige Antwort dazu einfallen.Nun war ich in den Kommentaren zum ersten Beitrag meiner angedachten vierteiligen Reihe allerdings so kühn, die These in den Raum zu werfen, ein Spiel könne vor allem dann ernst genommen werden, wenn es eine gewisse Art von Glaubwürdigkeit ausstrahlt und ich den Machern das Geschehen, das sie mir auf den Bildschirm zaubern, in irgendeiner Form abnehmen kann. Vor allem, so mein Fazit, müsse es einem Spiel gelingen, “mir seine Atmosphäre, seine Geschichte, seine Spielwelt auf glaubhafte und in sich stimmige Weise zu präsentieren.”
Nun ist ein halbwegs glaubwürdiges Setting in der Filmindustrie die eine Sache, in der Spiele-Welt jedoch ein völlig anderer Schnack. Während Filme mit realen Schauspielern vor (nun, in CGI-Zeiten auch nur noch halbwegs) realen (oder realistisch anmutenden) Hintergründen spielen und echte Emotionen auf die Zuschauer zulassen, bewegen sich Spiele per definitionem auf einer wesentlich abstrakteren Ebene. Ob wir uns als CSI-Profiler durch einen logisch-rationalen Kriminalfall knkobeln, oder als sprechende, interstellare Beutelratte mit übertrieben-überdimensionalen Wummen-Inventar am Raketengleiter baumelnd durch eine kunterbunt-abstruse Scifi-Welt düsen, hängt im Grunde einzig und allein von den Grenzen ab, die Entwicklern durch die grundsätzliche Genrewahl gesetzt sind oder von ihnen selbst gesetzt werden.
Nun mag uns ersteres Szenario auf Anhieb halbwegs glaubwürdig erscheinen… doch wie steht es mit letzterem?
Ausgehend von der Prämisse, dass wir aus Filmen meist sofort rausgerissen werden, wenn sich Charaktere einmal allzu unrealistisch verhalten oder sich kleinere bis klaffende Logiklöcher auftun, dürfte ein Spiel wie Ratchet & Clank etwa doch eigentlich überhaupt nicht funktionieren, oder? Ich meine: was, um Himmels Willen, könnte an diesem Spiel bloß glaubwürdig erscheinen?!? Trotzdem nehmen wir ein derartiges Szenario an, ohne mit der Wimper zu zucken und uns Gedanken um die Unmöglichkeit seiner spielerischen Voraussetzungen zu machen. Wir nehmen es einfach hin. Akzeptieren, dass es sich um etwas völlig anderes handelt, etwas eigenständiges, und nehmen die Spielwelt als so gegeben hin, unterwerfen uns ihren Regeln und – ja, ich wage es wirklich zu behaupten – akzeptieren sie als glaubwürdig (innerhalb ihres gesetzten Rahmens).
Auf der anderen Seite beschweren wir uns darüber, wenn beispielsweise in Deus Ex: Human Revolotion ein Charakter innerhalb dieses hochkomplexen Beziehungsgebildes unterschiedlicher Handlungsmöglichkeiten einmal nicht so reagiert, wie wir es von ihm erwarten würden oder Szenarien nicht so aufgelöst werden, wie man es als glaubwürdig erachten würde. Ein Beispiel: ich beschließe, das gesamte Polizei-Revier inklusive aller seiner “Insassen” über den Haufen zu schießen. Statt daraufhin das Revier in der Stärke einer Hundertschaft zu stürmen und mein Antlitz dem Erdboden gleich zu machen, positioniert sich eine SWAT-Einheit direkt vor dem Revier. Sobald ich das Gebäude durch den Haupteingang verlassen, eröffnen die versammelten Polizeikräfte das Feuer auf mich – ohne Rücksicht auf Entkommen. Verlasse ich die Wache hingegen durch den Seiteneingang, kann ich anschließend ohne großes Aufsehen an der gesamten Baggage vorbei spazieren, ohne mir großartig Sorgen machen zu müssen.
Ich frage Euch: ist das etwa glaubwürdig? Nein!
Woran machen wir aber nun fest, was wir in einem Spiel für glaubwrdig halten, und was nicht, wenn es ganz offenbar herzlich wenig mit Logik zu tun hat bzw. der Frage, ob ein Szenario, wie das präsentierte, in dieser Form überhaupt funktionieren kann?
Da steht echt ein SWAT vor dem Revier, wenn man drinnen alle Leute platt macht? 😀
Apropos: sehr glaubwürdig fand ich ja vor allem die Polizisten, die dieselbe KI wie die Gangster haben. Wenn du dich reinschleichst und nicht den Weg über den Empfangsdesk nimmst, schießen alle auf dich, sobald sie dich sehen. Extrem glaubwürdig. “Oh, da hat sich einer in unserem Revier verirrt, direkt mal abknallen, so geht das ja nicht”.
Spiele, die dem Spieler eine gewissen Handlungsfreiheit lassen, können nie in jedem Detail glaubwürdig sein, weil man einfach nicht jedes Verhalten antizipieren kann. Warum kann ich nicht in Kühlschränke gucken? Warum kann ich an Automaten keine Riegel kaufen? Warum weiß ich als Ex-Bulle nichts von den Gangs, die ihr Revier gegenüber von meinem Haus haben? Warum hält der Aufzug automatisch in meiner Etage? Usw. usf. Sobald du frei rumlaufen kannst, leidet die Glaubwürdigkeit, weil Freiheiten immer nur eine Illusion sind. Entweder beschränkt man den Spieler ganz extrem oder man läuft Gefahr, dass er was macht, das so nicht vorgesehen war und dann fällt das ganze Fantasie-Kartenhaus in sich zusammen. Bei Filmen und Büchern ist das einfach, weil der Erschaffer exakt vorgibt, was du sehen darfst und was nicht. Bei Videospielen wirst du immer das Problem haben, dass sich Dialoge wiederholen oder Personen sich unlogisch verhalten. Außer vielleicht in der fernen Zukunft, wo die KI intelligent auf dich reagiert und nicht anhand fester Skripte agiert. View all comments by David
Ich denke Glaubwürdigkeit ist eigentlich weniger kompliziert als man annehmen möchte. Genauso wie bei Literatur (die doch ähnlich abstrakte “Welten” präsentieren kann), geht es bei Glaubwürdigkeit am Ende immer schlicht darum ob das was dargestellt wird in sich schlüssig ist. Dabei kann man als Autor/Designer/Regisseur sicher mit den Erwartungen der Zuschauer/Spieler/Leser spielen, aber muss sie zumindest zu einem gewissen Grad immer erfüllen. In dem Moment wo etwas als zu unerwartet, zu unwahrscheinlich oder einfach zu unpassend (im direkten Sinne nicht in den Hintergrund passend) bricht die Illusion entzwei. Das Beispiel mit den Cops zerbricht daran, dass wir wissen, wie sich Cops in unserer Welt verhalten sollten und dass die Welt in etwa der unseren entspricht. Diese Erwartung wird nicht erfüllt, man bekommt kein Assault on Precinct 13, auch wenn es zu erwarten wäre.
Ein Beispiel das mir sofort in den Kopf schoss ist Rez. Das Spiel ist in sich schlüssig und stimmig, von Präsentation, Geschichte und Interaktion her ein passendes Paket. Wenn ich da so weiter drüber nachdenke, befürchte ich dass es eine recht individuelle Analyse eines Spiels bedarf um aufzuzeigen warum es glaubwürdig ist und warum an manchen Stellen nicht. Für ein straight forward 08/15 Action-Adventure tralala werden sicher “normale” Kriterien von Filmen und Büchern ähnlich passen. Nur die interaktiven Elemente und die KI reißen da aus und müssen sich im Prinzip aber auch nur an diesen Kriterien orientieren.
Auf der anderen Seite fällt mir auch die Andrew Ryan “Would you kindly….” Szene in Bioshock ein. Hier wir die Erwartung des Spielers ja krass enttäuscht bzw. er wird vom Spiel mehr oder weniger vorgeführt, weil man sich durch Spielerfahrung an gewisse Konventionen gehalten hat, die hier über den Haufen geworfen werden. 2K Boston hat es hier, so sehe ich das, echt geschafft ein Spiel mit “unreliable narration” (unzuverlässiger Erzählung, weiß nicht ob das der richtige Begriff ist) zu schaffen. Das wirft die ganze Glaubwürdigkeitsfrage nochmal in einen neuen Topf. Die Erzählung schien glaubwürdig, war es aber eigentlich gar nicht. View all comments by DerBonk
Ich will in einem Videospiel ja gar nicht, dass mir alle Wege offen stehen… Bis zur vollständigen Freiheit dauert es sicher noch ein paar Jährchen… Und so lange verzeihe ich den Designern auch logische Fehler wie zb beim Deus Ex Polizeirevier Szenario.
Letztendlich sind auch immer durch den Stand der Technik Grenzen gesetzt.
Was meiner Meinung nach aber gar nicht mehr geht ist folgendes: Während ich es einem Zelda ja noch logisch verzeihen kann, dass in einem Dorf nur 6 Personen wohnen, passt mir das bei einem Mass Effekt zb, überhaupt nicht mehr, Ein riesiges Universum und dann lande ich auf dem Handelsplneten schlechthin und dort laufen gefühlte 12 Personen durch die Straßen. Selbst wenn ich da ja immernur einen Ausschnitt präsentiert bekomme, das ist beim heutigen Stand der Technik nicht mehr verzeihbar. Wenn ich auf der Weltraummetropole shoppen gehe, dann will ich mich auch durch die Menschenmassen wühlen- wie zb. in Assaassins Creed. Venedig und Rom waren im Mittelalter sicher auch größer, aber es ist eigentlich echt traurig, dass sich ein historisches Szenario in einem Videospiel glaubhafter anfühlt als die Planeten eines Mass Effects… View all comments by Lieblingstyp
Ich denke bei dem Thema zu erst an den Anspruch der Spielwelt. Bei Ratchet & Clank wird die Spielwelt in sich als logisch präsentiert, deswegen bin ich halt die massenmordende Beutelratte. CSI dagegen hat den Anspruch unsere “Wirklichkeit” abzubilden, was einen komplett anderen Rahmen setzt: Hier erscheint es mir logisch mit dem Massenspektrometer eine Faser zu untersuchen, dass kenn ich eben so aus der Serie. Wenn ich in bei CSI auf den Ansatz kommen soll, mit meiner Dienstwaffe die Matratze aufzuschießen, um so Drogen zu finden, erscheint es unlogisch – genau wie wenn meine Beutelratte nach einem Treffer ins Bein nur noch humpeln kann und nach 2min verblutet… Beides fällt aus dem willkürlich gesetzten Rahmen der Spielwelt. Solange die einmal etablierten Regeln aber eingehalten werden, kann mich auch der Tod meines treuen Kakerlakenkämpfers berühren. Kohärenz ist unabdingbar für ein emotionales Erlebnis!
Besonders schwierig wird dieser Ansatz bei “lustigen” Adventures wie Ankh oder Jack Keane. Hier schaue ich öfters mal in Walkthroughs nach, weil ich einfach nicht auf den Ansatz komme und nicht den Brute-Force-Ansatz aller Gegenstände/Hotspots miteinander ausprobieren möchte. In so einem Moment werd ich natürlich aus der Spielwelt gerissen, die emotionale Bindung ist wieder auf Null. View all comments by cor
Glaubwürdigkeit wird in Spielen nicht durch Story vermittelt, eventuell durch Dialoge aber eher durch Mechaniken.
DeusEx mag für das sonstige Spielniveau schon recht anspruchsvoll sein.
Aber im Grunde ist es abstruser unglaubwürdiger Verschwörungskram. Die bloße erwähnung des Cybertechdilemmas, macht es auch nicht zu einem philosophischen Spiel über Transhumanismus. Das haben schon hunderte von Schundromane tiefgründiger betrachtet.
Story in Spielen orientiert sich fast immer an Nerdschundvorlagen aus der Unterhaltung.
Diese nimmt man ernster, deren Medien durch ganz andere Titel etabliert wurden.
Das fehlt bei Spielen völlig.
Spiele können nur dann ernst genommen werden, wenn sie neue interessante Konsequenzen vermitteln, die aus den Entscheidungsmöglichkeiten des Spielers erwachsen, eine Möglichkeit die nur dieses Medium zu bieten hat. Alles andere wäre dummes kopieren.
Wer glaubwürdige Einblicke in Charaktere haben möchte, der findet die in der Literatur genug.
In der so genannten Unterhaltungsliteratur aber eben nicht.
Unterhaltungsschund ist nichts schlimmes, im Gegenteil man sollte sich ausdrücklich dazu bekennen Schund zu produzieren und sich dessen bewusst sein. Sonst wird es prätentiös. View all comments by turtur79
Ich stimme dir in der Sache eher nicht zu, turtur. In Bastion waren für mich die Welt, die Charaktere und letztlich das ganze Spiel zum Beispiel vor allem wegen der schlüssigen, stimmigen Story glaubwürdig und am Ende fand ich Bastion auch nur deshalb so gut. Spiele können (müssen nicht) eine Mischung aus Story- und Spielelmenten sein, die sehr eng verwoben sind. Gerade wenn diese Teile miteinander harmonieren wird ein Spiel auch als Spiel glaubwürdig, so wie ich das sehe.
Mit deiner Wertung von “Schundromanen” kann ich mich nebenbei leider gar nicht anfreunden. “Neuromancer” oder “Snow Crash” sind meiner Meinung nach gerade nicht “Schund” und reine Unterhaltung. Außer du meinst damit etwas anderes. View all comments by DerBonk
Du hast recht mit mit Glaubwürdigkeit, ich bezog mich eher auf das “ernst genommen werden”.
Story ist schon wichtig für die Glaubwürdigkeit. Absolut!
Schund meine ich auch nicht abwertend, es gibt ja viele hochphilosophischer SciFi Romane, aber das finden wir ja nicht in Spielen. Als Genre gehört Scifi trotzdem in die Schundkiste.
Gerade Fantasy ist in der Literatur fast immer Schund. Gibt es da überhaupt etwas anspruchsvolles?
Herr der Ringe hat den sprachlichen Hintergrund, aber Geschichte und Charaktere empfinde ich als platt. Left Hand of Darkness wäre noch so eine Art SciFi/Fantasy Hybrid, den man ernst nehmen kann. Sonst ist generic Fantasy so schrecklich peinlich und verklemmt, dass man gar nicht will, dass es sich selbst ernst nimmt.
Trotz alledem bin ich ein großer Fan des Schunds. Nur möchte ich dann lieber gleich coole Buddy-Movie Action mit Drachen und dicken Titten, als ach so anspruchsvolle Fantasyschinken.
Um auf die Spiele zu kommen:
Damit das Medium ernst genommen werden kann, muss es die strukturellen Vorteile des Mediums nutzen. Geschichten kann man in anderen Medien besser erzählen.
IMO tragen spiele wie Civ eher dazu bei, das Medium ernst zu nehmen, als Heavy Rain. Das sehen SpOn Schreiber wahrscheinlich anders. Trotzdem mag ich Heavy Rain gerne.
Aber der Versuch die Mechanismen von Film und Büchern zu kopieren, um ernst genommen zuwerden, muss scheitern. Das ist logisch zwingend: Wenn das Medium nicht seine strukturelle Vorteile nutzt, ist es irrelevant.
In dem Zusammenhang find ich den Begriff Geschichte spannend. Geschichte im Sinne eines Plots vs. Geschichte als das was hinten rauskommt. Ich lese z.B. gerne die Civ Warstories.
Die sind nicht selten spannender also mancher Plot mit meist absehbaren Twists. Und sie sind ein Stück weit realer, als von nem Regisseur ausgedachte Story.
Interactive Story ist ja immer noch in einem Versuchstadium, so richtig weiß bisher keiner wie das gehen soll. Bei Mass Effect 2, ist das z.B. alles ein großer Schwindel. Da spielt sich das Erlebnis, mal Evil Shepherd sein zu dürfen, eigentlich nur im Kopf des Spielers ab, auswirkungen aufs Gameplay hat es eigentlich gar keine.
Alpha Protocol hab ich als Antwort auf Bioware verstanden, denn da haben die Dialoge eine konkrete Auswirkung aufs Gameplay. Aber das System wurde ja von vielen kritisiert. View all comments by turtur79
Das war zugegeben etwas offtopic, weil es ja um Glaubwürdigkeit ging.
Ich glaube Spieler können die 4. Wand ignorieren, wenn Spiele gut gemacht sind. Obwohl die 4. Wand immer da ist und sie jeder sieht.
Funktioniert auch im TV. Bei StarTrek besteht jeder Planet eigentlich nur aus 5 Räumen oder einem Garten. Das weiß der Zuschauer, er ignoriert es aber bewusst. Simulation führt nicht zwingend zu Glaubwürdigkeit, solange wie kein Holodeck hab.
Bloodlines macht das z.B. gut, auch wenn die Cityhubs viel zu klein sind. Das empfinde ich als glaubwürdigeres Setting als GTA4. View all comments by turtur79
So off-topic fand ich die Kommentare jetzt gar nicht. Vor allem zwei Dinge fand ich besonders interessant:
Zum Einen die Frage nach der Geschichte. Geschichte als Plot oder als Frage des Outputs ist auch eine Frage des Interpretationsspielraums. Will sagen: wie viele Freiheiten bleiben mir als Spieler eigentlich, mir meine eigenen Gedanken zu Welt, Handlung und Charakteren zu maachen, vieviel Projektionsfläche bleibt am Ende, um die Welt gedanklich mit Leben zu erfüllen?
In diesem Zusammenhang stimme ich dem zweiten Punkt zu, nämlich dass Spiele nicht versuchen sollten, Bücher oder Filme zu kopieren. Dafür “ticken” sie einfach zu unterschiedlich. Eine WIRKLICH dicht erzählte Story in Videospielen geht fast immer mit völliger Reduktion spielerischer Handlungsfreiheiten einher. Heavy Rain ist da ein exzellentes Beispiel, ist es doch letztlich nichts anderes als ein interaktiver Film.
Dadurch langt das Setting zwar eine gewisse atmosphärische Dichte und Glaubwürdigkeit, Logiklöcher wie der Schreibmaschinen-Verkäufer reißen aber umso mehr aus und machen das gesamte Story-Konstrukt unglaubwürdig. Mission gescheitert.
Dann lieber eine offenere Spielwelt, die Raum zur fantasievollen Entfaltung des Spielers lässt, ihm Identifikationspotential mit oder Sympathie für die Charaktere empfinden lässt und somit ein deutlich glaubwürdigeres Erlebnis bietet.
Trotz seines Fantasy-“Schund”-Hintergrunds fand ich deshalb beispielsweise Enslaved deutlich glaubwürdiger als Heavy Rain es jemals sein könnte. Weil die Story zwar inhaltlich wichtig ist, für die Spielmechanik aber keine wirklichen Auswirkungen bedeutet und es genügend Raum zur eigenen Entfaltung bietet.
Ich vermute deshalb, dass Identifikationspotential ein ganz entscheidender Faktor zum Empfinden einer gewissen Glaubwürdigkeit ist. View all comments by Christian
Offene Spielwelt ist aber auch so ein Dilemma. Ich glaube, dass je größer diese offene Spielwelt ist, desto weniger Konsequenzen wird es geben, vor allem wenn man einen festen Plot hat.
GTA4 wirkt real, ist aber eigentlich ein Potemkinsches Dorf. Ja die Polizei reagiert, aber sie haben es, wenn man entkommen ist, sofort wieder vergessen. Und auch sonst ändert sich weder die Stadt, noch sonstirgenwas, obwohl man längst den Sprung vom Tellerwäscher zum Bankraubmillionär gemacht hat. Das finde ich höchst unglaubwürdig.
Ein abgegrenzter Bereich (das Dungeonprinzip) ermöglicht es den Designern auch Konsequenzen für Handlungen zu implementieren. Freiheit ohne Konsequenzen ist billig.
Ich empfinde Deus Ex HR als relativ glaubwürdig, nicht wegen der hanebüchenen Story die ich nicht kapiert habe, sondern weil das Spiel einem eben verschiedene Möglichkeiten gibt, die auch Konsequzen haben (Bei LIMB chippen lassen z.B. oder die Tatsache das es verschiedene Lösungswege gibt, die eine konkrete Auswirkung aufs Gameplay haben)
Dass man das Polizeirevier entvölkern, sich reinschleichen oder den Typ zu belabern kann, trägt bei mir dazu bei die Spielwelt ernster zu nehmen.
Wer wirklich alle möglichen Konsequenzen haben will, braucht soetwas wie einen menschlichen Spielleiter (bei NWN gabs das).
Als Spieler blende ich bewusst, oder unbewusst aus, dass ein Spiel nicht wie ein Holodeck reagieren kann. Mich stören da auch die Levelbegrenzung in Deus Ex HR wenig.
Da passiert irgendetwas im Kopf des Spielers, was schwer zu greifen ist.
Das ist gar nicht mein Erwartungshorizont, weil ich ja weiß das es nur ein Spiel ist und ich nicht erwarte das Deus Ex HR ein Morrowind ist.
Man könnte das Polizeirevier gar nicht betretbar machen, dann gäbe es dein Problem nicht, fändest du Deus Ex HR dann glaubwürdiger? Letzlich liefe das wieder nur auf Story hinaus. Konsequenzen und Freiheiten find ich schon sehr wichtig, auch wenn niemals alle Konsequenzen abgedeckt werden können. View all comments by turtur79
Stimmt, zu offen sollte eine Spielwelt nicht sein. Ich bin ja sowieso ein Fan geradliniger, Games, die mir nur einen Weg lassen und das dann konsequent umsetzen. Enslaved etwa war halt so ein Spiel, dass mich völlig in den Bann gezogen hat, weil es so war, wie es war.
Was mich beim Polizeirevier bei DX:HR, neben oben erwähnten Einsatzteam vor der Tür, noch völlig herausgerissen hat und die ganze Szene unglaubwürdig gemacht hat, war folgendes: Ich hatte beim Gespräch mit dem Ex-Kollegen an der Pforte versagt und beschlossen, mich, statt neu zu laden, reinzuschleichen. Als ich dann dazu übergegangen bin, die Leute aus der sicheren Deckung umzunieten und den Alarm im Erdgeschoss ausgelöst habe, kam der Ex-Kollege direkt meinen Namen rufend angestürmt – obwohl er mich noch gar nicht gesehen hat. Woher soll er wissen, dass ich das bin, der sich da mühselig über das Dach hereingeschlichen hat? View all comments by Christian
Ich denke das ist genau der Zwiespalt vor dem Spieledesigner am Anfang immer stehen. Offen oder linear sind die extremen Enden eines breiten Spektrums und ich stimme euch da auch voll zu: die größte Gefahr für die Glaubwürdigkeit eines Spiels ist der Versuch beides zu Vereinen. Das klappt meist nicht. GTA 4 ist da ein Paradebeispiel, imho. Nikos Story fand ich streckenweise richtig gut, wäre sie doch nich in einer offenen Welt gewesen und die ganzen Massenmorde weggelassen worden.
Ich denke turtur trifft den Nagel auf den Kopf. Enge, abgeschlossene Korridore funktionieren am besten um eine glaubwürdige Geschichte zu erzählen. Allerdings wird ja genau da die klassische Erzählweise am stärksten kopiert. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch Spiele wie Minecraft, das so offen ist, wie es nur geht und gerade deshalb so glaubwürdig wird. Am Ende sind die Versuche irgendwie lineare Stories mit offenen Welten zu vereinen genau das Problem.
Zumindest, so lange der Entwickler nicht mehr Ressourcen reinsteckt. Ich erinnere mich immer gerne an das erste Fallout. Definitiv eine offene Welt. Aber die Entwickler haben es da echt geschafft, praktisch alle Eventualitäten abzudecken und dadurch zerbricht die Glaubwürdigkeit nicht am offenen Ansatz. Ich kann in einem Dorf zwei Kinder töten und auch Stunden später erkennt mich jemand wieder bzw. ich bekomme einen speziellen “Ruf” der mir vorauseilt. Das ist aber in dem Maße, vermute ich, mit heutiger Technik und dem damit verbundenen Aufwand kaum mehr zu leisten. Vor allem wo die Spiele, die früher hier brilliert haben (westliche Rollenspiele, gerade wegen ihrer D&D-Orientierung) mittlerweile stärker auf Linearität setzen (Bioware, waruuuuuum ?!?). Oder habe ich mich hier in meinen Gedankengängen verhakt? View all comments by DerBonk
Ich meinte eigentlich weniger Korridor als vielmehr Dungeons (als Prinzip).
Das ist abgepackte Freiheit. Und das macht auch Deus Ex ganz gut.
Es gibt innerhalb des Dungeons (der auch eine Stadt oder ein Wald sein kann) eine begrenzte Anzahl an Möglichkeiten (NPCs, Räume, Geheimgänge, Fallen). Und mit diesen Möglichkeiten kann man spielen. Fraktionen gegeneinander ausspielen usw. Das lässt sich aber einer gewissen größe nicht mehr vorraussehen.
Das ist auch der Grund warum man beim PnP RPG damit begann, dass lässt sich alles manuell verwalten.
Für große Welten braucht man andere Mechanismen, weniger Design von Hand, als viel Zufallsmechanismen, Wirtschaftssystem usw.
Oft fühlt man sich dort aber verloren, muss aber nichts zwangsläufig so sein. View all comments by turtur79
Je größer und offener die Welt, desto mehr offene Enden müssen bedacht werden. Da die KI noch nicht so weit ist, dass dies automatisch berechnet wird- und das funktioniert bei einer Story wohl nie richtig- werden wir auch wohl noch etwas auf die wirklich freie Welt in Videospielen warten müssen.
Red Dead Redemption ist zum Beispiel ein Spiel bei die offene Welt bei mir überhaupt nicht funktioniert hat- noch weniger als in GTA4.
Beim Spielen von Deus Ex HR habe ich mich übrigens gefragt, warum dieser ganze “Spiel es so wie du es willst” Hick Hack überhaupt sein musste. Wer einen Shooter spielen möchte, der hat doch genügend Auswahl. Den ganzen Aufwand hätte man lieber in eine gelungene Stealth/Social Option stecken sollen- dann wäre vielleicht das Polizei Revier Szenario auch glaubhafter ausgefallen.
Skyrim wird wohl die nächste Messlatte der offenen Welt, an der sich viele Spieler den Kopf stoßen werden.
Und ich weiß jetzt schon, dass das alles erst ganz großartig ist und mir dann am Ende die gut erzählt Geschichte abgehen wird- wie in bisher jedem Eldar Scroll Spiel. View all comments by Lieblingstyp
Mit den Elder Scrolls bin ich nie warm geworden. Liegt aber wohl auch am Thema als an den Spielen direkt. Insgesamt mag ich Bethesda RPGs aber einfach nicht. Fühlt sich für mich immer irgendwie steif an.
Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass eine KI je die Rolle eines Spielleiters á là PnP RPG übernehmen können wird. Gut, sicher bin ich mir da nicht, aber einer KI echte Kreativität beizubringen ist sicher nah an unmöglich.
Trotzdem will ich nochmal Fallout erwähnen, weil es zumindest für mich immer eine nahezu perfekte Illusion der Freiheit im Rahmen des Spiels geboten hat. Man kann das Spiel als ein Charakter mit der Intelligenz eines halben Stücks Graubrot beenden, auch wenn man durch die geringe Intelligenz kaum reden kann. Vor allem aber wirkt jeder Playthrough in sich schlüssig. Sogar als ich den eigentlichen Endboss vor dem vorletzten “Boss” besiegt hatte, ist die Erzählung und die Spielwelt nicht unglaubwürdig geworden. Und ja, ich bin einer der Verrückten, die Fallout 3 (bis jetzt) immer noch nicht angeguckt haben.
In Fallout 2 sind mir so viele Bugs über den Weg gelaufen, gut. Das sollte man vielleicht auch noch erwähnen. Gerade KI Bugs können einen sowas von aus dem Spiel reißen. View all comments by DerBonk
Stimmt Fallout 3 ist in der Hinsicht gelungen, was ich da sehr gut finde sind die wandernden Händler. Die man auch mal trifft, während sie in einem Kampf sind, ohne das das jetzt geskriptet wäre. Schon der Start ist jedesmal anders, mal trifft man sofort einen Gegner, mal gar keinen.
Nur ist es irgendwie so kackenhäßlich, vor allem die Charaktere und die Animationen. Das könnte soooo gut sein. Charakteranimationen find ich auch sehr wichtig für glaubwürdigkeit, das wirft mich immer raus, wenn dem nicht so ist.
Elder Scrolls war auch nie so meins.
Deus Ex find ich aber famos. Man weiß immer das es auch anders geht.
Das trägt dazu bei, dass man die Welt mehr schätzt und als glaubwürdiger empfindet. Bei mir zumindest.
Und ich habe da auch sehr viel rumgespielt mit Saves.
Gegner KI find ich hingegen irgendwie nicht wichtig. Die muss auch gar nicht so viel besser werden. Im Kampf bin ich eh immer gestresst, da denke ich nicht. Bin aber auch ne Shooter Null und bin froh wenn es ein Coversystem gibt.
Wie schauts denn mit Mount & Blade aus? Das hab ich noch aus dem Steamsale. Das soll in der Hinsicht auch sehr gut sein, hab ich mir sagen lassen. View all comments by turtur79
Ich hab mich schon oft gefragt, wieso Minecraft auf den Spieler eigentlich so glaubwürdig wirkt. Ich meine, alles aus Blöcken, alles stark abstrahiert, auch die Interaktion. Dafür nahezu 100% offen. Theoretisch dürfte das ja GAR nicht glaubwürdig sein.
Verrückterweise scheint mein Gehirn diese Abstraktion aber sehr schnell zu akzeptieren. Und dann empfinde ich einen Realismus, den kaum ein anderes Spiel hinbekommt.
IMHO liegt das daran, dass die Gesetze der (Minecraft)Welt konsequent eingesetzt werden. Da es keine Story gibt, kann man natürlich nicht wirklich in eine Story-bedingte Unlogik laufen. Der Rest funktioniert, gerade durch die akzeptierte Abstraktion, enorm glaubwürdig. Sicher auch ein Teil des Erfolgsrezepts von Minecraft.
Die KI der Gegner ist beispielsweise lächerlich im Vergleich zu anderen Spielen. Aber nachvollziehbar und fair den Gesetzen der Welt folgend. Diese ganzen Unlogiken, die einen in anderen Spielen aus dem Szenario werfen, gibt es einfach nicht, da in Minecraft quasi eine Maschine mit Regeln angeworfen wird, und diese dann vor sich hin funktioniert. Und wenn man keine Anweisungen vom Gamedesigner bekommt, a la “Gehe zu X und besorge Y”, dann kann man auch keine Anweisungen in Frage stellen.
Ich finds faszinierend und glaube, dass ein Blick auf Minecraft ein paar dieser kniffligen Fragen beantworten kann. View all comments by laZee
Meiner Meinung nach kommt Glaubwürdigkeit beispielsweise bei einem Spiel wie Uncharted vor. Alles, was Nathan Drake so macht und tut, also wie er sich bewegt, wie er sich verhält und wie er spricht, wirkt extrem glaubwürdig.
Denn die Sprüche bei Uncharted sind Zitate, wie jeder Normalo sie auch im Alltag benutzt.
Das ist eine schöne Abwechslung zu Spielen wie God of War, wo die einzigen Zitate aus “Ich”, “euch” und “töten” bestehen.
So ist mir bei dem Thema als erstes Uncharted eingefallen. View all comments by AssassinsWeed