Die Granden der Adventure-Geschichte, namentlich Tim Schafer und Al Lowe, haben vorgelegt, nun fühlt sich auch der Maestro berufen, ein eigenes Kickstarter-Projekt zu crowdfunden, wie man so schön im Neudeutschen sagt. Chris Hülsbeck höchstselbst wagt sich dieser Tage vor die Tür die Videokamera, um ausreichend viel Geld für etwas zusammenzubekommen, das mir, als Fan alter Tage, das Wasser im Munde zusammentreibt. Nicht weniger als mindestens ein 3-CD-Boxset soll dabei herauskommen, wenn genügend Mäzenen der digitalen Neuzeit guten Willen und ein wenig bare Münze zeigen, um Herrn Hülsbeck den Traum seiner TURRICAN Soundtrack Anthology verwirklichen zu lassen.
Richtig gehört: der gute Mann will tatsächlich den gesamten Soundtrack neu produzieren und einspielen, nicht nur den Bruchteil seines Opus, den er Anno Tobak mal im Rahmen der Turrican Soundtrack-CD rausgehauen hat. Mal abgesehen von der Frage, ob die Welt unbedingt noch ein CD-Boxset braucht, oder ob es eine nette kleine Packung mit USB-Stick oder Download-Codes nicht auch getan hätte, steht eigentlich außer Frage, dass es sich hierbei um ein wirkliches Must-Have-Item handelt. Mir persönlich wäre ja am allerliebsten, er brächte eine VINYL-Edition samt Downloadmöglichkeit heraus und verzichtete auf den mäßig attraktiven Silberscheiben-Schnickes – aber was soll’s…
Was nun noch bleibt, ist die bange Hoffnung, dass Hülsbeck das mit der Neuproduktion auch wirklich ernst nimmt und aus dem alten Turrican-Fundus zeitgemäße Neuinterpretationen herausquetscht, die nicht (bitte, bitte nicht!!!!) auf seinen – zurecht! – völlig erfolglosen, weil unerträglichen Eurodance-Vorlieben ausrutschen oder seine auch heute noch allzu häufig durchschimmernde Vorliebe für billige Synthie-Klänge à la Jean-Michel Jarre in den Vordergrund stellen. Da beruhigt die Ankündigung, einen Teil der Tracks gemeinsam mit dem WDR Rundfunkorchester einspielen zu wollen doch sehr. Leider nur einen Teil – aber immerhin. Dem Orchester direkt sämtliche Arrangements aufzuhalsen, wäre wohl sowohl aus Zeit- als auch aus Kostengründen keine gangbare Option.
À propos Kosten: Von Polygamia-Sven habe ich mich gestern auf Twitter in eine “längere” Diskussion bezüglich der aufgerufenen, minimal nötigen Spendensumme von 75.000,- Dollar verwickeln lassen. Seiner Meinung nach wäre ein Kostenschlüssel, wofür genau die Kohle im Rahmen des Projektes eingesetzt werden soll, wünschenswert. Mir persönlich hingegen ist das völlig schnurz. Hauptsache das Projekt kommt zustande und man bekommt was für sein Geld.
Genau da allerdings liegt mein einziger derzeitiger Kritikpunkt: während die 50 Dollar für eine limitierte und signierte Ausgabe der Anthology, inklusive High-Quality-MP3s völlig in Ordnung gehen, erscheinen mir die Belohnungen für höher angesiedelte Spenden etwas mager. Für den satten doppelten Preis bekommt man gerade einmal ein Poster obendrauf, plus die Möglichkeit, vorher schonmal in die laufende Produktion hereinzuhören (naja…). Die nochmalige Verdopplung auf 200 Dollar bringt ein T-Shirt plus den eigenen Namen im Booklet ein. Lediglich die 300-Dollar-Option erscheint wirklich attraktiv, gab es doch dafür zwei Tickets für die Uraufführung der mit dem WDR Rundfunkorchester neu arrangierten Stücke dazu. Leider waren die Karten damit aber nicht nur heillos überteuert, sondern die entsprechende Option auf gerade einmal 20 Crowdfunder beschränkt. Schade.
Dass die zur Spende möglichen Summen auf bis zu sage und schreibe 7.500,- Dollar hochgehen und der Gegenwert der darüber erhaltenen Leistungen eher – nunja – ideeller Natur ist, kehren wir aber nun lieber einfach mal genau so unter den Teppich, wie die Tatsache, dass Chris’ Spendenaufrufs-Video an Cheesyness höchstens noch durch 80er-Jahre-Chrom-Look-Delphin-Poster neben schwarzen, achteckigen Wohnzimmerschränken zu überbieten ist. Aber das passt ja dann irgendwie wieder zum Soudntrack…
Picture: “Turrican” by MrDream.
Das Projekt finde ich mitsamt Summe recht in Ordnung – jetzt müsste ich nur noch Fan der Musik von Chris Hülsbeck sein.
Ich fand seine Kompositionen immer technisch einwandfrei und gut zu hören. Im Gedächtnis geblieben ist mir lediglich die Techno Party aus dem Soundtrack von Apidya. View all comments by Michael Herzog (@senorkaffee)
Bei mir war es immer genau umgekehrt: ich fand die Kompositionen absolut einwandfreie Ohrwürmer, aber die technische Umsetzung stellenweise etwas zu Billo-Synthie. View all comments by Christian
Als der Name “Jean Michel Jarre” in einem Satz mit “Billig-Synthie-Klängen” gefallen ist, stellte sich bei mir ein leichtes Zucken ein, aber ansonsten kann ich nur großflächig zustimmen. Gerade bei den Prämien für Spender hätte man mehr machen können – vielleicht eine schöne Resin-Statue der Turrican-Spielfigur für 150 Dollar? Da wäre ich tatsächlich dabei gewesen. View all comments by Zappes