Und nun?

Da habe ich mir also nun eine PS4 zugelegt, habe wieder richtig Lust, zwischendurch mal was nettes zu spielen (und dafür einfach den Serienkonsum weitestgehend zurückzufahren), erfreue mich gerade an Horizon: Zero Dawn und seiner wunderschönen Spielwelt und wäre sogar nicht abgeneigt, wieder regelmäßiger über Games zu bloggen. Ist ja schließlich ein Spieleblog hier – und so ein Blog will nunmal auch hin und wieder gefüttert werden.

Allein… ich frage mich, ob bloggen über Games überhaupt noch “zeitgemäß” ist, in Zeiten, in denen die Aufmerksamkeitsspanne der halben Menschheit sich in Snapchat-Videos messen lässt und hypernervöse Jumpcut-Kiddies auf Youtube regieren.

In den vergangenen fünf Jahren ist jede Menge passiert, insbesondere was den Umgang mit und die Berichterstattung über Games angeht. Das klassische Print-Magazin ist tot, die Online-Pendants der verstorbenen Heftchen wickeln die verbliebene Leserschaft ab, während der Großteil des Publikums sich zu Youtube, Twitch und Co. abwendet, um sich einem Stakkato von dummem Geschwätz auszuliefern und sich sanft von Let’s Plays zu Games berieseln zu lassen, die sie im Zweifelsfall auch einfach selbst spielen könnten. Der pile of shame wird zur playlist of shame, weil man bei all den abertausenden Let’s Plays ja auch nicht mehr hinterherkommt, zocken lassen statt selbst zu zocken ist das große Ding.

Eigentlich verwunderlich, dass es Konsolenhersteller und Publisher trotzdem schaffen, jedes Jahr mehr von allem unters Volk zu bringen und dass die einschlägigen Messen der Branche jedes Jahr aufs Neue Besucherrekorde verzeichnen. Wobei man sich gerade bei der gamescom des Eindruck nicht erwehren kann, dass der Großteil des hereinstürmenden Publikums nur hingeht, um einmal am Rockzipfel oben genannter Youtube-Stars grabbeln zu dürfen und sich dabei sowohl die Kehle, als auch den letzten Rest Verstand aus dem Leibe zu kreischen.

Die Auseinandersetzung zu Videospielen findet dann entsprechend zeitgemäß als flame wars direkt in den Kommentaren einzelner Videos oder bei Facebook und Co. statt, der einst so gefeierte new games journalism verkommt zur Randnotiz.

Und dann war da noch die Sache mit dem Gamer Gate und anderen Skandälchen, bei dem sich gezeigt hat, dass es völlig egal ist, ob man ein 13jähriges, unwissendes Pickelgesicht mit null Peilung von der Welt oder ein vermeintlich gestandener, belesener und vernunftbegabter Mensch mitten im Leben ist, um sich als absolutes Oberarschloch zu gerieren. Da stellt sich selbst gestandenen Autoren die Frage, für wen man denn da überhaupt schreibt und ob man dieses Publikum überhaupt unter seiner Leserschaft wissen möchte.

Falls es denn überhaupt noch eine Leserschaft gibt.

Der Blick in meinen Feedreader (noch so ein archaisches Überbleibsel aus einer längst vergangenen Zeit) offenbart (nach massivem Aufräumen vor ein paar Jahren) immer noch ganze 39 irgendwann mal für lesenswerte befundene und deshalb abonnierte Gaming-Blogs. Ein genauerer zweiter Blick zeigt: gute 50% davon sind schon lange tot, Domains teilweise komplett aufgegeben, während 45% praktisch seit Jahren nicht mehr gebloggt haben als meinereiner hier.

Woran liegt’s? Keine Zeit? Keine Lust? Kein Publikum? Das falsche Publikum? Aus dem Alter herausgewachsen? Resignation? Andere Schwerpunkte im Leben? Alles zu anstrengend? Man weiß es nicht.

Bleibt allerdings die Frage: “lohnt” es sich heutzutage überhaupt noch zu bloggen, wenn man nicht gewillt ist, gleichzeitig ein riesiges Social-Media-Brimborium drumherum abzufackeln, alle Kanäle zu befeuern, kommerzielle Interessen komplett außen vor lässt und einfach hin und wieder seine Gedanken zu Games – oder sonst einem Thema – ins Internet schreiben und sich mit Gleichgesinnten in den Kommentaren austauschen zu wollen? Oder schreibt man am Ende sowieso nur noch für sich selbst, während alle Welt sich auch weiterhin an Let’s Plays und Snaps ergötzt und müde lächelnd auf das geschriebene Wort herablächelt? Fragen über Fragen… wieder einmal….

 

13 Comment

  1. Die Frage ist doch: hat es sich jemals “gelohnt”?
    Und hierzu:
    “Woran liegt’s? Keine Zeit? Keine Lust? Kein Publikum? Das falsche Publikum? Aus dem Alter herausgewachsen? Resignation? Andere Schwerpunkte im Leben? Alles zu anstrengend?”
    Ja. Auch. Genau das. Das auch. Sowieso.

    Bei mir ist es aber auch so, dass ich immer weniger spiele und wenn ich dann mal ein Spiel finde, das ich richtig gut finde, spiele ich das so lange, dass ich da auch nichts mehr zu schreiben muss, weil alles schon 1000 Mal gesagt wurde. Nehmen wir mal “Breath of the Wild”. Ich hab da ein paar Youtube-Videos geguckt, dadurch werden mir jetzt ständig neue vorgeschlagen und es ist wirklich erstaunlich, wie viele 1000 Videos es zu jeder Kleinigkeit in diesem Spiel gibt. Früher waren es wenigstens nur Let’s Plays und Walkthroughs.

    Und eine Sache, die mir immer wieder auffällt: es gab eine Zeit, in der immer mehr Leute ihre eigenen Blogs aufbauten, wodurch das Publikum immer verstreuter wurde. Als dann das alles mit dem Streaming anfing, wurd es nur noch mehr, sprich, jeder, der früher “Publikum” war, ist mittlerweile selbst “Content Erzeuger”. Und als Streamer etc baut man sich viel schneller eine gewisse Reichweite und seine eigene Community auf.
    Blogger, die halbwegs “erfolgreich” sind, müssen heute nicht nur bloggen und Vollzeit-Social-Media-Manager sein (Facebook, Instagram Stories, Posts, Snapchat, was auch immer. Alles natürlich unique content und nicht nur Links zum Blog), sondern auch Streamer und Community Manager, die sich rund um die Uhr um ihre Fans kümmern und jeden Tag Content liefern. Mal abgesehen davon, dass mir sowas gar nicht liegt und ich nur Dinge mache, die mir Spaß machen, sehe ich da auch viel zu viel Aufwand für viel zu wenig “Nutzen”. Da schreibe ich lieber weiter meine 1-2 Blogartikel pro Monat und gut ist. Die liest zwar kaum jemand, aber das war vor 5 Jahren auch nicht groß anders. View all comments by David

  2. Ich würde gerne lesen was du schreibst, just sayin’ View all comments by mkraxx

  3. Finde es macht schon Sinn. Grad Zocker*innen mit 30+ haben wenig Lust sich irgendwelche grellen Lets Play Kasper anzusehen. Vielleicht lesen dann nicht 10000 Kiddies deinen Blog, aber will man das denn wirklich? Wozu?
    Dass Print immer toter wird finde ich persönlich echt traurig. Ja, man kann alle Infos im iNet gratis bekommen, aber so gemütlich wie in einem Magazin zu blättern, ist das nicht… View all comments by Shat

  4. Christian says:

    @David: Ich stimme Dir in allen Punkten zu. Der Aufwand, der heute allein nötig ist, um überhaupt ein breiteres Publikum anzusprechen bzw. aus der unendlichen Masse herauszustechen, ist es nicht wert – solange man nicht ebenfalls Teil der großen hibbeligen Youtube-Kinder-Abzock-Maschinerie mit hippen Produktempfehlungen und Gewitter auf allen Social-Media-Kanälen werden will. Aus dem Alter bin ich heraus.
    Blogs waren vor ein Jahren allerdings sowas wie eine schöne kleine Community, bis dann irgendwann wirklich eine gewisse Spaltung kam. Sowas fehlt mir heute irgendwie etwas.
    P.S.: beim nächsten Mal in der Boulderhalle sag ich mal Hallo 😉

    @MKRAXX: Ich fühle mich geehrt 🙂

    @Shat: Stimmt, ich habe gestern Abend noch schön gemütlich mit einer Edge, die ich mir letzte Woche aus London mitgebracht habe, auf dem Balkon gesessen. Das hat einfach soviel mehr Gemütlichkeit, als auch dabei noch wieder auf irgendein Display schielen zu müssen. View all comments by Christian

  5. Oh, ich war schon ewig nicht mehr bouldern 😀 Ist auch viel zu heiß. Und da laufen so viele bekannte Gesichter rum, da kommt man ja gar nicht mehr zum Klettern, wenn man allen “hallo” sagt 😉 View all comments by David

  6. Christian says:

    Auch wieder wahr. View all comments by Christian

  7. Ich frage mich das immer mal wieder. Ehrlich gesagt schreibe ich in erster Linie, weil ich schreiben will. Und da mir Microblogging nie so richtig gereicht hat, fasse ich mich jetzt bei meinen Blogs einfach etwas kürzer. Ich weiß gar nicht, wer meinen Kram liest und so richtig wissen will ich es auch gar nicht, weil ich keine Motivation zum Schreiben brauche.

    Wirklich schade finde ich, dass ich zwar nicht weniger spiele, aber tatsächlich bloß noch ein Spiel. Und auch, wenn es da immer wieder neues zu berichten gibt, versuche ich mich zurückzuhalten, um das Blog nicht zu sehr zu fokussieren. Gut, dass es ohne Ende neue Serien gibt, über die ich was zur Tastatur bringen kann. Leider ist das Serienformat für mich das am schwersten zu rezensierende.

    Die Feed-Reader Statistik sieht bei übrigens ähnlich aus, dafür mag ich es, wenn ein Feed sich nach langer Pause mal wieder regt. Passiert aber eher selten. View all comments by Donswelt

  8. @DonsWelt Oha, dich gibts ja noch! Tat mir damals leid als du von Twitter verschwunden bist. Habe deine Meinung immer interessant/respektabel gefunden. Aber die meisten “älteren” Leute haben immer weniger bock auf Twitter bzw auf die “Gamingkultur” generell weils teilweise schon recht toxic ist. View all comments by Shat

  9. @shat: Der Grund warum ich mit Twitter und neuerdings auch Instagram immer weniger anfangen kann ist der, dass es sich wie eine Marketingmaschine und nicht wie ein soziales Netzwerk anfühlt. Da bin ich ungern Teil von.

    Interessant ist übrigens, wie man in Vergessenheit gerät, wenn man nur bloggt und nicht dazu twittert. Diesen Aspekt mag ich allerdings. Ich bin ein digitaler Eremit 🙂 View all comments by Donswelt

  10. Was heißt schon “lohnen”? Geld verdienen oder sich neu ein großes Publikum erarbeiten kann man sich abschminken, wobei das doch auch in der “goldenen Aufbruchszeit” der deutschen Spieleblogs vor ca. 10 Jahren (?) nicht so viel anders war.
    Kluge Gedanken, witzige Beobachtungen oder auch “schnöde” Rezensionen von Leuten, denen man über die Jahre mehr oder weniger gefolgt ist, lese ich genauso gerne wie früher. Aber obschon die deutsche Gaming-Blogosphäre (nutzt man das Wort eigentlich noch? 🙂 selbst ausgedünnt ist, gibt’s mittlerweile so viel im Internet, dass ich meine Interaktionen wie Kommentare stark einschränkt habe, um überhaupt noch halbwegs up to date zu bleiben. Gleichzeitig ist schon lange irgendwie das Feuer weg, selbst zu bloggen. Vielleicht auch, weil ich das Gefühl hatte, an eigenen “öffentliche” Texten müsste viel mehr poliert werden, weswegen ich schussendlich zu faul dafür war – aber bis heute verfasse ich kleine Texte zu Spielen, Filmen, Serien als persönliches Medientagebuch.
    Okay, Schluss mit dem wirren Geschreibsel! Wenn du Bock hast zu schreiben, lese ich es, aber kommentieren werde ich wohl kaum. Am Ende bin ich dann doch mehr reiner Konsument als ich mir all die Jahre eingeredet habe… 😀 View all comments by HomiSite

  11. Ein schöner Artikel der vieles, was ich auch schon von anderen gehört habe, bestätigt. Danke dafür!

    Es ist einfach wirklich so, dass viele das Schreiben von Artikeln als nicht mehr sinnvoll erachten, da ihnen die Leser und / oder die Kommentare verwehrt bleiben. Diese Blogger-Community, wie sie vor fünf oder sechs Jahren war, gibt es nicht mehr. Das ist schade.

    Ich persönliche habe in den letzten sechs Jahre auch immer wieder neues ausprobiert und so versucht, mir den Spaß am Bloggen zu erhalten. So habe ich vor über einem Jahr meinen Blog neu gestartet und mich auf gewisse Punkte geeinigt, die mir dabei helfen sollen:

    – Ich blogge über was ich will und beschränke mich nicht nur auf gewisse Themen.
    – Ich probiere neue Formate aus.
    – Ich führe keine Statistik über Besucherzahlen und ähnliches.

    Ich muss gestehen, dass mir besonders letztes hilft. In den vergangenen Jahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass vor allem Besucherzahlen ein Grund für kaum vorhandene Motivation sein können. Seit ich diese weg lasse, ist der einzige Indikator, den ich habe, die Anzahl der Kommentare. Und der ist nicht sehr aussagekräftig, weil selbst Artikel mit hunderten von Seitenaufrufen noch lange keinen Kommentar haben müssen. View all comments by Twaldigas

  12. Christian says:

    @HomiSite: Dafür, dass Du nicht mehr kommentierst, ist das aber ein ganz schön langer Kommentar (gemessen an heutigen Maßstäben) 😉

    Das “lohnen” hatte ich tatsächlich im Artikel bewusst in Anführungszeichen gesetzt, weil ich dieses Blog immer als rein privates Meinungsforum gesehen habe, in dem es mir nicht um Geld oder sonstige Vergütungen geht. “Lohnen” heißt für mich eher, vielleicht wirklich noch ein paar Leser zu finden, die bestenfalls interessiert, was ich hier so schreibe. Ansonsten könnte ich ja auch einfach in mein Poesiealbum malen.

    Aber es stimmt schon: die Flut an Interaktionsmöglichkeiten, der mediale Overload machen es mittlerweile fast unmöglich, noch überall da kommentieren zu können, wo man vielleicht wollen würde. Und die Resignation darüber, dass man doch eh nur gegen Trolle anschreibt, lässt es einen dann auch meist gerne ganz sein lassen.
    Wobei ich ja ganz froh bin, dass die Trolle mittlerweile all die vielen neuen Plattformen mit größerem Publikum für sich entdeckt haben. Das macht es einfacher mit einem Blog.

    @Don: Was Instagram angeht, bin ich mittlerweile voll bei Dir. Nervt mich auch immer mehr. Bei Twitter scheint es mir aber immer noch mehr darauf anzukommen, wem man folgt und wie man sich seinen Newsstream zusammenstellt.

    Ansonsten – dieser Ansatz über alles zu schreiben, wozu man Lust hat, ist eigentlich ganz schön. Aber eigentlich war ich immer ganz froh mit der Option, Themen trennen zu können und mir lieber in einem Bereich ein gewisses Profil zu bilden, als ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen zu sein.
    Mit meinem Zweitblog Buzzwordbullshit.de habe ich letztes Jahr mal verstärkt versucht, über andere Themen zu schreiben und dabei – ähnlich wie Don – festgestellt, dass mir das bei weitem nicht so leicht aus den Händen fließt wie eben etwa bei Spielen. Wobei ich selbst bei letzterem mittlerweile stark eingerostet bin und mal wieder etwas Übung gebrauchen könnte.
    Aber wie David es schon geschrieben hat: es wird auch nicht unbedingt leichter, noch originelle Ansätze zu finden, die über ein reines Review eines Spiels oder Wiederkäuen von News hinausgehen, wenn es im Internet schon zu jedem Aspekt eines Games tausendundneun Youtube-Videos gibt. View all comments by Christian

  13. Er ist wieder da! Dieser Tage schon entdeckt, dass sich hier wieder etwas tut. Grundsätzlich würde ich @Daniel bei “Die Frage ist doch: hat es sich jemals “gelohnt”?” und “Ja. Auch. Genau das. Das auch. Sowieso.” zustimmen. Deine spezielle Art und Texte fand ich dennoch immer recht amüsant und gleichermaßen lesenswert, also her damit =)

    Natürlich hat sich die Bloggerlandschaft und das Drumherum gegenüber 2008-2010 schon ziemlich verändert, genau wie viele Menschen von einst. Das ist wohl der Lauf der Dinge. So lange man Spaß dran hat und seine Motivation nicht aus Statistiken & dem “Social-Media-Brimborium” zieht, kann man sicherlich ganz entspannt an die Sache rangehen. Wenn einem danach ist, einfach machen. View all comments by Kith

Comments are closed.